Das umstrittene Kohlekraftwerk „Datteln IV“ darf weiter gebaut werden. Die Bezirksregierung Münster hat kürzlich dafür die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt. „Mit dieser Genehmigung kann das Kraftwerk fertig gebaut werden und in Betrieb gehen“, erklärte ein Sprecher der E.on-Tochter Uniper.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nannte die Entscheidung der Bezirksregierung einen „Kniefall vor der Kohlelobby“ und kündigte an, voraussichtlich erneut gegen das Kraftwerk zu klagen. Die Umweltschützer lehnen das Großkraftwerk mit rund 1100 Megawatt Leistung ab, weil es zu nah an Wohnhäusern und einem Naturschutzgebiet stehe und außerdem wegen der Energiewende überflüssig sei.
Zwar habe es kleinere Nachbesserungen beispielsweise in Bezug auf den Ausstoß von Quecksilber gegeben, konstatiert der BUND von Nordrhein-Westfalen. Dennoch gebe es weiterhin gravierende Mängel. „Aufgrund der Vorkenntnisse in der Sache und der Einbindung in die Prozesse bis zu dieser Genehmigung ist für den BUND bereits klar, dass auch die neue Genehmigung als rechtswidrig zu bewerten ist und der BUND voraussichtlich Klage dagegen einreichen wird“, sagte der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Thomas Krämerkämper. Nach wie vor würde der Betrieb des Kraftwerks beispielsweise zu unzulässigen Schadstoff- und Stickstoffeinträgen in besonders empfindliche europäische Natura-2000-Schutzgebiete führen.
Der Genehmigung sei ein umfangreiches Verfahren vorausgegangen, betonte dagegen die Bezirksregierung. Diese habe sich mit allen Einwendung und Ergebnissen der Erörterung sowie zahlreichen Gutachten intensiv auseinander gesetzt, heißt es in einer Pressemitteilung. „Wir haben mit der größtmöglichen Sorgfalt geprüft und die Belange der Menschen und des Umweltschutzes sehr ernst genommen“, sagte demnach Regierungspräsident Reinhard Klenke. „Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, gibt das Gesetz die Entscheidung vor“. Auch Eckhardt Rümmler, Geschäftsführer von Uniper, zeigte sich erfreut über die Entscheidung und sieht sie als positives Signal für die gesamte Region. Die Genehmigung sei das Ergebnis eines langen und intensiven Dialogs mit den Menschen und Entscheidern der Region, so Rümmler.
Für den BUND komme die Genehmigung allerdings nicht überraschend, so Krämenkämper, habe doch die Landesregierung keinen Zweifel daran gelassen, das schon mehrfach vor Gericht gescheiterte Vorhaben unbedingt realisieren zu wollen. „Offenbar hatte die Taktik von Uniper Erfolg, jenseits aller umweltrechtlichen und klimaschutzpolitischen Hindernisse erst einmal Fakten zu schaffen“. Und die „von den SPD-Kohlefreunden dominierte Landesregierung hatte nicht das Rückgrat, den Konzernwünschen zu widerstehen.“ Anders als bei kleineren Antragstellern hätte die Neugenehmigung politisch bereits kurz nach den Gerichtsurteilen gegen E.on/Uniper fest gestanden.
E.on hatte den Grundstein für das Kraftwerk bereits 2007 gelegt. Doch schon im September 2009 wurde der im Zusammenwirken mit der Bezirksregierung von der Stadt Datteln aufgestellte Bebauungsplan vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster aufgehoben. Diese Entscheidung ist dann später vom Bundesverwaltungsgericht (BverwG) bestätigt worden. Gleichwohl habe die Bezirksregierung ihren – damit ebenfalls rechtswidrig gewordenen – immisionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid nicht zurückgenommen, so der BUND. Erst infolge einer Klage der Umweltorganisation im Juni 2012 sei dieser vom Oberverwaltungsgericht Münster aufgehoben worden. Dieses Urteil wurde ebenfalls vom BverwG bestätigt. Nach der sogenannten Zielabweichungsentscheidung der Landesregierung wurde ein neuer Bebauungsplan genehmigt, gegen den der BUND ebenfalls klagt.