VW steigt in Batteriezellenproduktion ein

Grüner Anstrich

Von Alfred Hartung

Elektroautos, so wird auf allen Kanälen vermittelt, sind umweltfreundlich und schon bald eine Alternative für die Verbrenner. Obwohl bei dieser Voraussage noch zahlreiche Fragezeichen bestehen, hat bei der gerade zurückliegenden VW-Hauptversammlung der Konzernchef Herbert Diess den Schwenk des Konzerns hin zur PKW-Elektromobilität bekräftigt. Auch um den Dieselbetrug hinter sich zu lassen, will er mit Vehemenz den Blick der Öffentlichkeit auf die Zukunft des Konzerns richten – die in der Elektromobilität liegen und dem Konzern damit auch einen grünen Anstrich geben soll. Auch gegen Widerstände in der Automobilbranche will er die Politik auf den reinen Elektroantrieb einschwören. „Auf absehbare Zeit gibt es keine Alternative zum batterieelektrischen Antrieb“, so Diess auf der Aktionärsversammlung. Und er bestätigte wieder einmal, dass Volkswagen bei der Entwicklung der E-Mobilität die weltweit führende Rolle einnehmen will.

Aus dieser Sicht ist es konsequent, wenn der Konzern nun auch in die Massenproduktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen einsteigt. Denn wer die Produktion der für die Gefährte nötigen Batterien dominiert, dominiert auch den Wachstumsmarkt für Elek­troautos. VW will daher gemeinsam mit dem schwedischen Partner Northvolt eine Batteriezell-Fabrik in Salzgitter aufbauen, die in der ersten Ausbaustufe eine Kapazität von 10 Gigawattstunden haben soll. Zunächst ist von 700 Arbeitsplätzen die Rede, wofür der VW-Aufsichtsrat knapp eine Milliarde Euro Investitionsmittel freigegeben hat. Zum Vergleich: Das VW-Werk Salzgitter, in dem bisher Verbrennermotoren gebaut werden, beschäftigt aktuell 7 200 Menschen, die bei einem Rückgang der Nachfrage nach diesen Motoren unter Druck geraten werden. Denen bot Diess auch gleich noch eine verlockende Perspektive: Im Jahr 2025 habe Volkswagen einen Gesamtbedarf von 150 Gigawattstunden an Batterien allein für die in Europa geplante Produktion von Elektroautos, was die möglichen Wachstumsperspektiven aufzeige. Voraussetzung für den Bau der neuen Fabrik sei allerdings, dass die Politik für entsprechende „Weichenstellungen“ sorge – sprich Subventionen für niedrige Stromkosten durch Wegfall der EEG-Umlage und für grüne Energiequellen.

Hier liegen auch einige der oben erwähnten Fragezeichen für die „Umweltfreundlichkeit“ der Elektroautos. Dafür nur zwei Beispiele: Die Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen ist extrem stromintensiv. Bei knapp über 50 Prozent fossiler Energieträger am derzeitigen deutschen Strommix werden dabei durchschnittlich 200 Kilo CO2-Äquivalente pro Batterie-kWh freigesetzt. Ein mittlerer Elektro-PKW, wie der geplante ID.3 von VW mit einer 60 kWh-Batterie, emittiert also schon 12 Tonnen CO2, bevor er zum ersten Mal gestartet wird. Das gilt mehr noch für die Produktion von noch größeren Batterien, wie sie für den Betrieb von Elektro-Sport-Utility-Vehicles (SUVs) nötig sind. Gerade den SUV-Bau treibt VW unter Diess mit Macht voran.

Ein zentrales Argument für die vorhergesagte „Umweltfreundlichkeit“ der Elektroautos und ihr Beitrag zur Klima-Rettung ist die dann sinkende Nachfrage nach Öl. Allerdings wird auch dessen Verbrauch weiter steigen: im absehbaren Szenario der Entwicklung des Weltbestandes an Kraftfahrzeugen von heute einer Milliarde auf 1,5 bis 2 Milliarden in 2030 werden Verbrenner die Mehrheit bilden. Neu hinzu kommt eine massiv steigende Nachfrage nach knappen Rohstoffen, die für die Elektromobilität entscheidend sind: Lithium, Kobalt, Nickel, Seltene Erden. Deren verstärkte Förderung ist ihrerseits mit Umweltzerstörung, Vertreibung und massiven Belastungen für die Gesundheit von Millionen Menschen verbunden.

Angesichts der Gefahren für die Arbeitsplätze im VW-Motorenwerk Salzgitter ist es trotzdem verständlich, dass die Ankündigung der Batteriezell-Fabrik in Salzgitter von IG Metall und VW-Betriebsrat begrüßt worden ist. Eine Lösung der Umweltproblematik ist damit nicht verbunden. Der Umbau zu einem Mobilitätskonzern ist immer noch nicht in Sicht. Hier wäre die IG Metall stärker gefordert. Wie wäre es mit Fairwandeln – Verkehrswende jetzt?

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"Grüner Anstrich", UZ vom 24. Mai 2019



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