Gustavo Petro sucht Bündnispartner für die Stichwahl

Großer Erfolg für Kolumbiens Linke

Von Günter Pohl

Revolutionärer Journalismus – Carlos Lozano war als Chefredakteur von „Voz“ Nachfolger des 1994 ermordeten Manuel Cepeda.

Revolutionärer Journalismus – Carlos Lozano war als Chefredakteur von „Voz“ Nachfolger des 1994 ermordeten Manuel Cepeda.

( Günter Pohl)

Carlos Lozano

ist gestorben

Carlos Lozano, stellvertretender Vorsitzender der Kolumbianischen KP und Chefredakteur von deren Wochenzeitung „Voz“, ist am 23. Mai nach langer Krankheit im Alter von fast 69 Jahren in Bogotá verstorben. Er war mit seinen verschiedenen verdeckten Initiativen einer der ganz entscheidenden Wegbereiter des Friedensprozesses zwischen Regierung und FARC. Carlos Lozano war Autor von einem Dutzend Büchern über Konflikt und Lösungsmöglichkeiten in Kolumbien und wurde so immer wieder zur Zielscheibe rechter Gruppen. Inmitten widrigster Umstände hat er das Erscheinen von „Voz“ als Sprachrohr der demokratischen Kräfte im Land ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit abgesichert. Die DKP kondolierte der Partei und seiner Familie: „Dass in Kolumbien der Wille zum Frieden so stark verankert ist, ist das Werk von vielen. Aber dass es letztlich zu einer Situation kam, in der eine Kandidatur für den Frieden tatsächlich eine reale Chance auf den Sieg bei der Präsidentschaftswahl hat, ist Werk derer, die so lange dafür gekämpft haben.“ Carlos Lozano wurde unter großer Anteilnahme am 25. Mai eingeäschert.

Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in Kolumbien hat wie erwartet keine Entscheidung gebracht. Gustavo Petro und seine Vizepräsidentschaftskandidatin Ángela María Robledo haben mit 25,1 Prozent das beste Ergebnis eines nichtoligarchischen Kandidaten seit Jahrzehnten erreicht; er wurde von den radikaleren linken Kräften, darunter die Kolumbianische KP, unterstützt. Der Kandidat des rechtsextremen Ex-Präsidente Uribe, Iván Duque, gewann mit 39,1 Prozent.

Knapp hinter Petro schaffte der als Mitte-Links gehandelte Nelson Fajardo 23,7 Prozent, weit vor dem rechtskonservativen Germán Vargas Lleras, der seine Anhänger mit 7,3 Prozent enttäuschte. Mit 2,1 Prozent kam der ehemalige Chefunterhändler der Regierung bei den Friedensgesprächen mit den FARC, Humberto de la Calle, als Letzter der bekannteren Kandidierenden ins Ziel; drei weitere Kandidaturen blieben zusammen unter einem Prozent. 1,7 Prozent der Stimmzettel blieben leer; die Beteiligung war mit 53,4 Prozent für kolumbianische Verhältnisse hoch.

Deren Anstieg war einer Situation geschuldet, wonach es in den letzten Wochen immer deutlicher danach aussah, dass nicht zwei rechte Kandidaten in die Stichwahl kommen würden und dass jede Art von Mobilisierung erfolgversprechend war. Während sich die Wahlentscheidung bei der Rechten am Ende wesentlich auf Duque konzentrierte, lag Gustavo Petro am Ende mit 4,85 Millionen nur 260 000 Stimmen vor Nelson Fajardo.

Beide stehen für eine Fortführung des Friedensprozesses im Land, während Duque und zum Teil auch Vargas die Ergebnisse der Verhandlungen mit den FARC revidieren wollen. Petro ist also gut beraten, wenn er neben einer kostenfreien Bildung und der sozialen Frage das Friedensthema fortführt, um die Wählerschaft Fajardos für sich zu gewinnen. Duque wird mit dem in Kolumbien durchaus wirksamen Schreckgespenst einer „Venezolanisierung“ dagegen halten: Petro stehe für Verstaatlichung und Verarmung der Mittelschichten. Gustavo Petro hat sich in einer ersten Stellungnahme auf jene Mittelschichten bezogen und will das Kunststück vollbringen, dass „die Armen reicher werden, ohne dass die Reichen ärmer werden“.

Ohne sich an anderen zu bereichern, ist das schlicht und ergreifend nicht möglich. Da eine Ausbeutung anderer Länder mangels Multis nicht infrage kommt, bleibt also eine massive Nutzung von Bodenschätzen, im Falle Kolumbiens also Steinkohle und Metalle. Das wäre kein Unterschied zur Wirtschaftspolitik der Rechtsregierungen der letzten Jahrzehnte, aber mit anderer Gewinnverteilung – das Modell Venezuelas. Und genau davor warnt Duque.

Die Chancen von Gustavo Petro, einem Aktivisten der früheren linkspatriotischen Guerilla M-19, stehen für die Stichwahl am 17. Juni rechnerisch gar nicht schlecht, denn die Rechte summiert formal zur Zeit weniger als 50 Prozent. Eine Akzentsetzung auf soziale Sicherheit und die Gewissheit, dass nur ein Mindestmaß an Gerechtigkeit den inneren Frieden absichern kann, könnte dafür sorgen, dass der Löwenanteil von Fajardos und De la Calles Wählerschaft sich für Petro entscheidet. Oder mindestens gegen Duque.

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"Großer Erfolg für Kolumbiens Linke", UZ vom 1. Juni 2018



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