Uniper: 40 Milliarden Euro bitte

Große Kasse mit Kriegsdividenden

Während die Menschen in Deutschland und anderen Staaten, die von ihren Regierungen gegen Russland in den Wirtschaftskrieg gezogen wurden, auf allen Kanälen für einen Winter des Verzichts und des Frierens gefügig gemacht werden sollen, stopfen sich die Konzerne des Wertewestens mit der Kriegsdividende die Taschen voll.

Weil der Unmut des Volkes dennoch wächst, manövrieren sie herum und schlagen medial – vor allem wenn sie auf kapitalismuskritische Wähler schielen – auf die Konzerne ein. So titelte die „FAZ“ am 2. November: „Biden geißelt Profite der Ölkonzerne“ und nannte dort Zahlen der Bereicherung: Der Quartalsgewinn von Exxon sei mit 18,7 Milliarden Dollar (Quartals-, nicht Jahresergebnis!) der höchste in der 152 Jahre währenden Geschichte von Exxon und dreimal so hoch wie im Vergleichsquartal des Vorjahres. Die sechs größten Ölkonzerne hätten nach Bidens eigenen Worten „mehr als 100 Milliarden Dollar in sechs Monaten“ erzielt. Damit könnten die Ölkonzerne allein beispielsweise das Sonderaufrüstungsprogramm der Bundeswehr finanzieren, für das demnächst – mit Zins und Zinseszins – das deutsche Volk zur Kasse gebeten wird, und hätten dennoch wahrscheinlich in einem weiteren halben Jahr dieselbe Summe als Gewinn in ihren Kassen. Die Präsidentenschelte wird ihnen am Hintern vorbeigehen – wahrscheinlich ist sie mit ihnen abgestimmt.

Der Trick, mit dem die Reichsten noch reicher werden, ist eigentlich ziemlich simpel: Unter dem Vorwand, die NATO müsse „Putin“ bekämpfen, wird nicht nur die Ukraine zur Speerspitze gegen Russland aufgerüstet, sondern gleichzeitig werden alle Verbindungswege für russisches Gas und Öl, mit denen dieses Land bisher vor allem Westeuropa mit günstiger Energie versorgt hatte, im wahrsten Sinne des Wortes in die Luft gesprengt. Die daraufhin explodierenden Energiepreise lenken die Gas- und Ölkonzerne als Gewinne auf ihre eigenen Konten.

Getoppt wird dieses Geschäftsmodell nur noch von der Raffinesse, mit der zurzeit der deutsche Energiedoppelkonzern E.ON/Uniper dem deutschen Volk die Taschen plündert. Anfang November präsentierte der Energieversorger Uniper, dessen Verstaatlichung die Bundesregierung bereits in die Wege geleitet hatte, seine Rechnung: Es sei inzwischen ein Fehlbetrag von 40 Milliarden Euro aufgelaufen, für den nun die deutschen Steuerzahler aufkommen sollen, also auch alle diejenigen, die zum Beispiel gegenwärtig durch inflationsbedingt erhöhte Mehrwert- oder Mineralölsteuern zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Für die zweite Dezemberhälfte ist eine außerordentliche Hauptversammlung der Aktionäre vorgesehen, die den Weg für diese teuerste Verstaatlichung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland frei machen soll.

Leser der UZ wissen, dass dies der Endpunkt eines Manövers wäre, an deren Beginn die Abspaltung der Uniper vom E.ON-Konzern im Jahre 2016 stand. Damals hatten Vorstand und Aufsichtsräte dieses Konzerns die aus ihrer Sicht gut Idee, den E.ON-Konzern als „grüne“ Energiealternative zu positionieren und staatliche Fördermittel für die sogenannte Energiewende abzugreifen. Dieser Konzern wird beispielsweise Hauptprofiteur der mit öffentlichen Mitteln demnächst aufzubauenden Infrastruktur für das Betanken von Elektromobilen der Marken Tesla und anderer werden. Zur Reinhaltung der grünen Weste wurden alle fossilen Energiesektoren einschließlich der Kernenergie in die ausgegründete „Uniper“ verlagert. Vincent Cziesla brachte es in dieser Zeitung am 7. Oktober bereits auf den Punkt: „Uniper verwaltete also den absehbaren Niedergang des fossilen Sektors und schützte die E.ON-Aktionäre vor möglichen Energiewende-Risiken. Dass diese Geschäftsidee früher oder später auf Staatshilfen angewiesen sein würde, war kein Geheimnis.“

Die Aktionäre des Konzerns E.ON/Uniper kassieren jetzt doppelt: Unterstützung für alle grün getünchten Energieträger und obendrein 40 Milliarden Verlustübernahme für die fossilen Energieträger. Da könnten sich selbst US-amerikanische Ölkonzerne noch eine Scheibe abschneiden.

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"Große Kasse mit Kriegsdividenden", UZ vom 11. November 2022



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