Gretchenfrage für Kommunisten: Haltung zur EU

Von Björn Blach, Kreisvorsitzender DKP Stuttgart

Seit der Verabschiedung unseres Parteiprogramms im Jahr 2006 sind fast 10 Jahre vergangen, in denen uns die kapitalistische Krise einige Lehrstücke über den Zustand des Staatsmonopolistischen Kapitalismus geliefert hat. Diese haben einige Einschätzungen bestätigt, andere stehen auf dem Prüfstand.

Voll bestätigt hat sich Aussage, dass die Europäische Union ein Projekt des Monopolkapitals ist, zur Vertiefung der Ausbeutung und zur Festigung seiner Macht durch die Integration breiter Volksschichten in die kapitalistische Herrschaft durch die Idee „Europa“. Auch bestätigt wurde die Einschätzung der Vorherrschaft des deutschen Imperialismus in der EU. Mit dem Merkelschen Programm „gestärkt aus der Krise hervorzugehen“, ist es den deutschen Monopolen gelungen, ihren Kurs der Profitmaximierung auf Kosten aller anderen europäischen Staaten durchzusetzen. Die französische Bourgeoisie muss immer größere Kröten schlucken, um Juniorpartner bleiben zu dürfen.

Relativieren muss man sicher die Einschätzung, dass alle europäischen Regierungen umfangreichen Sozialabbau betrieben haben. Zumindest in dem Zusammenhang, dass die deutsche Sozialdemokratie am gründlichsten war und die sozialen Errungenschaften so geschleift hat, dass bei Krisenausbruch die deutsche Exportwalze sich einen noch größeren Teil vom Mehrwert aus anderen Ländern aneignen konnte.

Sehr genau gilt es aus heutiger Sicht zu untersuchen, wie wir uns gegenüber dieser EU positionieren. Hier ist das Programm nicht eindeutig und spricht sowohl davon „die Beherrschung der EU-Institutionen durch das Monopolkapital einzuschränken“ als auch von der Notwendigkeit des Bruchs mit den gesellschaftlichen Verhältnissen. Das letzte halbe Jahr hat zur Klärung der Frage die letzten Argumente geliefert.

Die Auseinandersetzungen zwischen der griechischen Regierung und der EU haben aufgezeigt, dass innerhalb des imperialistischen Bündnisses, wie könnte es anderes sein, das Recht des Stärkeren vorherrscht. Den frommen Wünschen von Tsipras und Varoufakis, zur Absicherung der kapitalistischen Herrschaft in Griechenland einige der krassesten Folgen der Memoranden abzumildern und mit keynsianischer Wirtschaftspolitik das Wachstum zu fördern, sind abgeschmettert worden. Deutlich dabei die Kontroversen zwischen Deutschland, mit seiner Forderung nach Abgabe der nationalen Souveränität und Demütigung der anderen Länder, vor allem Frankreichs. Diese hätten die Daumenschrauben gelockert, auch aus Angst, demnächst vor derselben Frage zu stehen: Euro oder nationale Souveränität.

KommunistInnen müssen daraus Schlussfolgerungen ziehen. Innerhalb des Machtsystems der EU ist keine alternative Politik, schon gar kein antimonopolistischer Anlauf, möglich. Folgerichtig muss wie im Bereich Militarismus die Auflösung der NATO auch die Auflösung der EU gefordert werden, damit die Arbeiterklasse Handlungsfreiheit erlangen kann. Der Austritt der BRD aus beiden imperialistischen Bündnissen ist damit der erste Schritt.

Deshalb haben wir als Kreisorganisation Stuttgart beschlossen, einen entsprechenden Änderungsantrag an den Parteitag zu stellen. Es ist für uns höchste Zeit sich von den Illusionen einer Reformierbarkeit der EU zu lösen und klar Stellung zu beziehen: Der Bruch mit der EU kann nicht Folge des Bruchs in einzelnen Ländern sein, sondern er ist die Voraussetzung für die Rückgewinnung nationaler Souveränität, um in einem neuen Anlauf die Herrschaft der Monopole in Frage zu stellen.

Darüber hinaus ist Andreas Wehr (in JW 28.7.2015) zuzustimmen: „Es ist die EU, die mit der in ihren Verträgen fest verankerten Politik des Demokratie- und Sozialabbaus vor allem die Lohnabhängigen immer mehr gegen sich aufbringt und, aufgrund des Fehlens einer grundsätzlichen linken Kritik an der EU, rechte Kräfte überall aufkommen lässt!“ Damit bekommt die Haltung gegenüber der EU auch eine wichtige Rolle im antifaschistischen Kampf. Und natürlich geht es nicht darum zurück zum kapitalistischen Nationalstaat zu wollen, sondern durch die Verbindung mit einer Wende zu sozialem und demokratischem Fortschritt wird die Richtung deutlich. Wir wollen die EU im Interesse der Menschheit überwinden.

Allen „Europhorikern“, die behaupten, dass wir uns mit dieser Haltung Isolieren, sei ins Stammbuch geschrieben: Wir haben in Stuttgart Solidarität mit dem griechischen Volk geübt und die Erklärung von Patrik verteilt. Dafür hat uns niemand vom Platz gejagt, doch wurde der Widerspruch interessiert aufgenommen. Denn genau diese Perspektive braucht der Widerstand: Einen Ausweg.

Denn EU und Euro sind nur zu haben mit Imperialismus und Monopolprofit. Deshalb sollten wir nicht wählen wollen, ob uns das Ungeheuer Charybdis oder das Ungeheuer Skylla frisst, sondern uns der Aufgabe stellen und auf revolutionärem Weg beiden Monstern entkommen.

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"Gretchenfrage für Kommunisten: Haltung zur EU", UZ vom 14. August 2015



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