Die Bekämpfung der DDR ist Chefsache. Also eröffnete der Bundeskanzler persönlich am 9. Oktober in Leipzig das diesjährige Staatsspektakel zur „friedlichen Revolution“ und gab die Linie vor. Er wiederholte die Lüge des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler vom 9. Oktober 2009, die Leipziger seien trotz der Gerüchte, dass in den Krankenhäusern der Stadt die „Blutkonserven aufgestockt“ und „medizinisches Personal zu Spät- und Nachtschichten eingezogen“ worden seien, auf die Straße gegangen. Egon Krenz wies am 11. Oktober darauf hin, dass dieses „Gerücht“ 20 Jahre nach 1989 erfunden wurde. Weder Blutplasma noch Leichensäcke waren bereitgestellt, stattdessen riefen Gewandhausdirigent Kurt Masur, der Theologe Peter Zimmermann, der Kabarettist Bernd-Lutz Lange und drei SED-Politiker zur Gewaltlosigkeit auf.
Der Aufruf kam in der Scholz-Rede nicht vor. Er tat das, was erstes Erfordernis für Kriegstüchtigkeit ist – Hass predigen. Angeblich drohte 1989 ein „Tian’anmen-Massaker“ und die DDR bestand nach ihm aus Umweltzerstörung, „Indoktrinierung, Militarismus und Blockkonfrontation“. Folgerichtig war für Scholz, den größten westeuropäischen Waffen- und Geldlieferanten für Kiew, der Krieg gegen Russland die Fortsetzung der „friedlichen Revolution“ mit anderen Mitteln: „Heute ist es die Ukraine, die in Europa die Freiheit an vorderster Front verteidigt.“ Das trifft auf seine Freiheit zu Hochrüstung und Krieg zu. Die Ukraine bewältigt die ihr von der NATO gestellte Aufgabe mit faschistischen Bataillonen, mit Russenhass, der staatsoffiziell von den ukrainischen Nazikollaborateuren des Zweiten Weltkrieges hergeleitet wird. Rehabilitierung des Faschismus ist Teil deutscher Kriegstüchtigkeit. Selbst der imperialismusfreundliche Historiker Christopher Clark bezeichnete am 23. Oktober in der „FAZ“ Maßnahmen zur „Entrussifizierung“ in Odessa als „abenteuerliche Manipulation des Gedächtnisses der Stadt“: Schulkinder sollen nicht Russisch sprechen, russischsprachige Bücher werden aus Bibliotheken entfernt, Denkmäler geschleift …
DDR-Bürger kennen das: Vernichtung von Millionen Büchern, von Kunstwerken, Verächtlichmachung wissenschaftlicher und technischer Leistungen, kostenlose Überlassung der Industrie an Ganoven und Flachzangen. Die Massenarbeitslosigkeit nach dem DDR-Anschluss war Resultat eines Feldzuges, der nun mit Panzern aus Deutschland in Russland angekommen ist. Daher war die wichtigste Feier zur DDR-Annexion die Eröffnung eines NATO-Kommandos in Rostock am 21. Oktober unter Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag.
Siegesfeiern aber werden in Berlin zelebriert. Kürzungen bei Sozialem und Kultur? In der Hauptstadt wird am 8. und 9. November nicht gespart. Das ist nach der Leipziger Hetzrede des Kanzlers angemessen. Die Internetseite „mauerfall35.berlin“ kündigt ein „rauschendes Fest“ mit einer „Band für Freiheit“ an, tausende Plakate werden auf einem Teilstück des Grenzverlaufs installiert und es gibt dort „Events“. Höhepunkt ist ein Auftritt der russischen Band „Pussy Riot“ am 10. November im Ministerium für Staatssicherheit – Russenhass importieren „wir“ aus Russland.
Kai Wegner (CDU), Berlins Stadtoberhaupt, meinte am Sonntag im „Tagesspiegel“, der 9. November 1989 sei ein „Glückstag“ gewesen. Der hatte Vernichtung von Millionen Arbeitsplätzen und Ende des Friedens nicht nur in Europa zur Folge. Im Glanz dieses Glücks wollen die heute Kriegstüchtigen vom 9. November 1918 oder 1938 nichts wissen.