Die Beschäftigten des US-Handelskonzerns Amazon beweisen weiter einen langen Atem. Das zeigen schon die Meldungen der vergangenen Tage: In Frankreich streikten die Fahrer, in Deutschland legten vor Ostern die Beschäftigten mehrerer Verteilzentren für mehrere Tage die Arbeit nieder. Und nicht zuletzt die Erfolgsmeldung aus den USA: In New York ist zum ersten Mal im Stammland des Konzerns die Gründung einer Gewerkschaft in einer Amazon-Niederlassung durchgesetzt worden.
In den Vereinigten Staaten gilt ein arbeiterfeindliches Gesetz, das die Arbeit von Gewerkschaften massiv erschwert. Bevor eine Gewerkschaft in einem Unternehmen tätig werden darf, muss sich in einer Abstimmung die Mehrheit der Beschäftigten dafür aussprechen. Für Großkonzerne wie Amazon bedeutet das, dass an jedem einzelnen Standort für sich die Gründung einer Arbeitervertretung durchgesetzt werden muss. Und bislang hatte der Konzern mit legalen wie illegalen Mitteln jede Gründung einer Organisation in seinen Hallen hintertrieben und verhindert.
Im vergangenen Jahr hatte die Abstimmung in Bessemer, Alabama, auch international Schlagzeilen gemacht. Überraschend deutlich hatte sich dort eine Mehrheit der Beschäftigten gegen die Gründung einer Gewerkschaft ausgesprochen. Doch die Handelsgewerkschaft RWDSU legte erfolgreich Beschwerde ein, so dass die Abstimmung nach einer Entscheidung der Arbeitsbehörde NLRB wiederholt werden musste. Im Unterschied zum Vorjahr war der Ausgang der Wiederholung im Februar und März diesmal denkbar knapp: 875 Stimmen wurden für die Gewerkschaft abgegeben, 993 dagegen – aber: 416 Stimmzettel wurden angefochten. Erneut hat die RWDSU zudem die unzulässige Einschüchterung von Beschäftigten durch den Konzern angeprangert. So habe Amazon einen Angestellten suspendiert, nachdem sich dieser auf Flugblättern der Gewerkschaft mit seinem Foto für die Gründung der Arbeitervertretung ausgesprochen hatte.
Doch im Schatten der Abstimmung in Bessemer – und mehr oder weniger an den US-Gewerkschaftsdachverbänden vorbei – haben die Amazon-Beschäftigten in Staten Island, New York, die von ihnen durchgesetzte Abstimmung gewonnen. „Wir sind Jeff Bezos dankbar, dass er ins All geflogen ist, denn in dieser Zeit haben wir unsere Gewerkschaft aufgebaut“, sagte der Sprecher der Amazon Labor Union, Chris Smalls. 2020 war er international bekannt geworden, weil er die mangelnden Schutzmaßnahmen gegen Corona im Konzern anprangerte und im Gegenzug von Amazon entlassen wurde.
All diese Nachrichten zeigen, wie stark die Arbeiterbewegung bei Amazon inzwischen ist. Wenn es jetzt noch besser gelingen würde, die nationalen Kämpfe über alle Grenzen hinweg zu koordinieren, dann könnte auch ein milliardenschwerer Konzern wie der von Jeff Bezos nichts mehr dagegen ausrichten.