Zum Tod von Papst Franziskus

Gott allein zuhause

Eigentlich sollte für ihn das letzte Wochenende ein propagandistischer Erfolg in schwerer Zeit werden, wurde doch eine weitere Folge der seit zweitausend Jahren wiederholten Auferstehungsstory geboten. Aber das Wochenende war zwei Tage länger, weil der schwächelnde Arm seiner Kirche das gerade noch hergibt und auch Heiden mit Feiertagen leben können, solange sie arbeitsfrei sind. Und so las Gott die Nachricht am Montagmorgen ausgerechnet in seiner Datscha: Die italienische Fußball-Liga sagte ihre Spiele ab – mit dem Hinweis, dass er sich einen neuen Stellvertreter suchen muss. Angesichts des desaströsen Zustands der Vereinigung, der Papst Franziskus als 265. Nachfolger des Apos­tels Petrus vorstand und die sich so unterdurchschnittlich um das Wohlergehen der Menschheit kümmert, fing die Woche nicht nur zu früh, sondern auch noch schlecht an.

Gottes Projekt droht zu scheitern. Nicht nur, dass das Christentum im Laufe der Jahrhunderte mit immer neuer Konkurrenz und Spaltungen kämpfen musste, nachdem es andere Religionen zunächst erfolgreich zurückdrängen konnte. Dann knickte die Katholische Kirche nach kaum vierhundert Jahren vor Galilei ein und konfrontierte die Schäfchen damit, gar nicht im Mittelpunkt des Universums zu leben, sondern irgendwo im großen Nichts und Alles. Und zudem wurde in den letzten Jahrzehnten deutlich, dass weder zur Schau gestellter Reichtum noch sexuelle Übergriffe an Schutzbefohlenen gut ankommen.

Gott schwant: Die Menschen haben ihn geschaffen, nicht umgekehrt. Das im Hinterkopf, wechselte er 2013 Benedikt aus und brachte gleichzeitig einen Freund der nichteuropäischen Menschheit, einen Kriegsgegner sowie einen Unfehlbarkeitsskeptiker ins Spiel. Der tat, was rationales Denken in einem irrationalen Amt eben noch hergeben kann: Er engagierte sich für Geflüchtete, leitete einige Reformen im Apparat ein, setzte sich insbesondere für afrikanische Staaten ein, entmoralisierte das NATO- und EU-Narrativ vom „russischen Angriffskrieg“, zeigte sich solidarisch mit den Menschen in Gaza und fragte, wer er denn sei, um über Gottes Haltung zu Homosexualität befinden zu können.

Dass Jorge Mario Bergoglio nun genau dann aufgibt, als Auferstehung angesagt war, wird Gott restlos frustrieren. Was tun? Vielleicht ist es Zeit, den Menschen „Mich gibt’s nicht!“ zu offenbaren. Und in Ruhe die „Serie A“-Nachholspiele zu schauen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Gott allein zuhause", UZ vom 25. April 2025



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol LKW.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit