Streiktage im Gesundheitswesen

Gold wert

Für den 14. und 15. März (nach Redaktionsschluss) hat ver.di im öffentlichen Dienst bei den Kommunen zu Streiktagen im Gesundheitswesen aufgerufen. Bereits einen Tag zuvor und parallel zum Krankenhausgipfel in Berlin streikten in Stuttgart circa 1.500 Beschäftigte der Kliniken in Stuttgart, Ludwigsburg, Markgröningen, Winnenden und Schorndorf. Das Motto: „Gesundheit ist Gold wert und wir sind es auch!“ Gold war im ganzen Demozug zu sehen. Die Demonstrierenden trugen goldene Umhänge, es gab goldene Schilder, goldenes Konfetti und goldene Stimmung.

Irene Gölz, ver.di-Fachbereichsleiterin für das Gesundheitswesen in Baden-Württemberg, sagte auf der Kundgebung auf dem Stuttgarter Marktplatz vor den Streikenden: „Die Alarmglocken könnten nicht lauter schrillen: Beim heutigen Krankenhausgipfel melden 70 Prozent der Kliniken wirtschaftliche Probleme an, die baden-württembergische Krankenhausgesellschaft sieht durch die geplante Reform zwei Drittel der Krankenhausstandorte im Land in Gefahr und die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst fordern zeitgleich die Möglichkeit von Absenkungstarifverträgen für Kliniken. Auf diese erneuten Zumutungen antworten wir jetzt auf der Straße: Eine Sparpolitik auf dem Rücken der Gesundheitsbeschäftigten akzeptieren wir nicht mehr. Wenn der Kaufkraftverlust der Gesundheitsbeschäftigten jetzt auch noch durch echte Gehaltskürzungen verdoppelt werden soll, bricht der Laden zusammen.“

Vor der Kundgebung gab es eine Streikversammlung im Gewerkschaftshaus und eine Demo durch die Innenstadt. In ihren Redebeiträgen verurteilten Beschäftigte und Auszubildende aus den streikenden Kliniken die hohe Inflation, das von der Gegenseite geforderte Sonderopfer von 6 Prozent, aber auch, dass die Rüstungsausgaben steigen, während behauptet wird, dass es kein Geld für Gesundheit und Soziales gibt. Unter großem Beifall wurde Verteidigungsminister Pistorius dafür angegriffen, dass er lieber in die Armee investiert als in die Gesundheit. Und es wurde gefordert, dass der Krieg sofort beendet und mehr Geld für die öffentliche Daseinsfürsorge bereitgestellt werden muss – die Löhne müssten kräftig steigen. Immer wieder wurde betont, dass sich ohne Streiks nichts verändern wird, weil einem nichts geschenkt werde. Vor der dritten Verhandlungsrunde, die vom 27. bis 29. März stattfinden wird, müssten deutliche Zeichen gesetzt werden.

Die Streikenden verurteilten die Angriffe auf das Streikrecht, insbesondere bezogen auf längere Ankündigungsfristen und Notdienstvereinbarungen.Am Beispiel des Kampfes von Millionen Kollegen in Frankreich gegen die Erhöhung des Rentenalters wurde thematisiert, dass im Gegensatz zu Frankreich, wo das Streikrecht in der Verfassung verankert ist, in Deutschland nur gestreikt werden darf, wenn Gewerkschaften dazu aufrufen. Die Streiks in Frankreich hätten Bedeutung für ganz Europa, weil überall Angriffe auf erkämpfte Errungenschaften stattfinden.

Die Streikversammlung war eine lebendige politische Lehrstunde, die durch Berichte aus den verschiedenen Klinken bereichert wurde. Diese Versammlungen sind in Stuttgart etabliert, ein wichtiges Instrument für die Entwicklung gelebter innergewerkschaftlicher Demokratie, für die Einbeziehung der Streikenden und für die politische Bildung der Beteiligten. Ein Instrument, das in allen Gewerkschaften eingefordert werden muss.

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"Gold wert", UZ vom 17. März 2023



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