Vor zwei Jahren startete der Mitteldeutsche Rundfunk eine Umfrage, wie sich Frauen an ihre Lage in der DDR erinnern. Acht von zehn Frauen sahen die DDR als Vorbild an, von dem der Westen lernen könne. „Ostalgie“? Nein, sachlicher Report, bei dem die Enkel die Ohren spitzen.
Zum Frauentag habe ich eine Einladung aus Dresden erhalten. Ich werde mein Lied „Warum ich nun mal Ossi bin“ singen, in dem zwei Strophen den Frauen gewidmet sind: „Die Frauen hatten gleichen Lohn / und Kitas reichlich Töpfe / für Popos mit Gemeinschaftssinn. / Der Volkswirtschaft sehr zum Gewinn / durch kluge Weiberköpfe. // Es blieb die Doppellast der Frauen. Manch Kerle lernten spät. / Doch nie entschied bei uns der Mann, / ob Frau ein Konto haben kann oder zur Arbeit geht.“ Reimversuch auf einen Vorzug des Sozialismus.
Gleichberechtigung der Frauen hat im Osten ihre Geschichte. Schon die Sowjetische Militäradministration setzte durch, dass Arbeiter und Angestellte bei gleicher Arbeitsleistung unabhängig von Geschlecht und Alter gleich entlohnt wurden. Und die SED proklamierte 1947 das gleiche Recht der Frauen auf aktive Beteiligung an der Zukunftsgestaltung. In der DDR-Verfassung von 1949 stand dann festgeschrieben: „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben.“ Das 1972er Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft gab den Frauen eine eigenverantwortliche Entscheidungsmöglichkeit innerhalb gesetzter Fristen, eine Regelung, die mit dem Einigungsvertrag aufgehoben wurde. Die Geburtenrate sank dennoch in der DDR nicht. Der VIII. Parteitag, der die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik durchsetzen wollte, steuerte mit seinem Sozialprogramm dagegen.

Das Wohnungsbauprogramm, Ehekredite für junge Paare, deren Rückzahlung durch die Geburt von Kindern gemindert oder erlassen wurden, die Subventionierung des Lebensgrundbedarfs, der Mieten, des Nahverkehrs, von Gas, Wasser und Strom, zudem großzügige bezahlte Schwangerschaftsurlaube machten das Kinderkriegen neben der Freude, früh die Elternschaft anzutreten, auch materiell problemloser. Schon das 1950er Gesetz über Mutter- und Kinderschutz hatte dafür gesorgt, dass Beruf und Familie vereinbar waren. Die Berufstätigkeit der Frauen lag nicht allein im ökonomischen Staatsinteresse, sie war ein Schlüssel zur sozialen Befreiung der Frau. 1989 waren über 90 Prozent der Frauen in Arbeit. Jedem Kind konnte bei Bedarf ein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt werden. Der Arbeitsplatz blieb den Frauen gesichert.
Dass die Lebensplanung westdeutscher Frauen für so lange Zeit, teilweise bis heute, den Rubikon „Familie & Haushalt“ nicht überschritt, hat auch seine Tradition. Bis Ende der 50er Jahre gab es den „Gehorsamsparagraphen“ im BGB, der dem Mann die „Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten“ zusprach. Wollte eine Frau arbeiten oder ein Konto eröffnen, brauchte sie die Einwilligung des „Ernährers“, der sogar ihre Arbeitsstelle kündigen konnte. Ende der Siebziger von Brüssel gerüffelt, verabschiedete der Bundestag zwar ein Gesetz über die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz. Aber selbst der erst 2013 nach DDR-Muster bewilligte Rechtsanspruch auf einen Kindergarten- beziehungsweise Krippenplatz kann noch immer nicht realisiert werden.
Neulich las ich in einer Schweizer Zeitung den Briefwechsel zweier kinderloser 37-jähriger Frauen zum Thema „Kinder kriegen“. Seufzer der einen: „Ein Paar mit zwei Kindern, beide Elternteile arbeiten und verdienen durchschnittlich, muss für die externe Betreuung bis zur Hälfte eines Monatslohns ausgeben. Bis zum seinem 20. Geburtstag kostet ein Kind eine Million.“ In der Schweiz ist alles teurer, werden deutsche Politiker beschwichtigen. Wie wäre es mit Rüstung runter, und das Geld in das Wohl aller Kinder investieren? Ein besserer Wunsch zum Frauentag fällt mir nicht ein.