In den kommenden drei Monaten sollen 490 von 4 000 Arbeitsplätze, alles qualifizierte Facharbeiter, bei der Bombardier-Flugzeugbaufabrik in Belfast vernichtet werden. Diese Nachricht, am Nachmittag des 21. November im BBC-Rundfunk veröffentlicht, erzeugte Schock, Wut, das Gefühl von Ohnmacht. Wenige Tage vorher war die Statistik zur Arbeitssituation in Nordirland bekannt gemacht worden, deren Hauptinhalt war, dass Entlassungen im vergangenen Jahr um 30 Prozent zugenommen haben. In den vergangenen Jahren hat der weltgrößte Hersteller von Flugzeugen und Zügen bereits 1 000 Jobs in Nordirland zerstört, das Ende der Flugzeugproduktion scheint nach mehr als 100 Jahren und bei vollen Auftragsbüchern unvermeidlich. Weltweit erschufteten 69000 Bombardier-Arbeiter im vergangenen Jahr 16,2 Milliarden Pfund Umsatz und wie es die Metallarbeitergewerkschaft Unite, Schwesterorganisation der deutschen IG Metall, ausdrückt, „sich auftürmende Profite“. Unite reagierte sofort auf die Pläne der Konzernleitung, das erste Presseinfo gibt die ganze Verzweiflung wieder.
In einer solchen Situation ist jede Form der Solidarität wichtig. Nach einem Anruf der in Nordirland lebenden deutschen Kommunistin Marion Baur kam als erste politische Partei außerhalb Irlands die DKP in Bewegung. Bereits am nächsten Morgen – noch vor der englischen Labour Partei – schrieb ihr Vorsitzender Patrik Köbele an die Gewerkschaft in Belfast und an die Mitglieder der KP Irlands (CPI) im Norden. Sein Brief wurde in der „Unity“, der Wochenzeitung der KP, in voller Länge veröffentlicht. Darin hießt es u. a.: „Im Namen der DKP will ich unsere Abscheu über diesen Amoklauf ausdrücken, der bei vollen Auftragsbüchern und nach Abschöpfen von zwei Milliarden Pfund aus Steuergeldern ‘zum Erhalt der Nordirland-Operation’ vor sich geht. Wir wollen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in Belfast wissen, dass die deutschen Kommunisten in voller Solidarität zu ihnen stehen. Wir schulden unseren nordirischen Kolleginnen und Kollegen diese Solidarität. Als Bombardier vor einigen Jahren begann, die Arbeitsplätze im Waggonbauwerk Halle zu zerschlagen, waren Gewerkschafter aus Belfast, darunter Genossinnen und Genossen der KP Irlands, bei den ersten, die die Proteste unterstützten und internationale Solidarität praktizierten. Ob es in Halle passiert oder in Belfast, in Montreal oder in Derbyshire – der Gegner ist der gleiche!“
Wie gut das sofortige Reagieren in dieser Lage war, zeigen Solidaritätsbekundungen von IGM-Mitgliedern und Funktionären, die seither in Belfast eingingen. Aus Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen, Thüringen und Niedersachsen kam – und kommt – Post, hier zwei Beispiele: Aus Braunschweig schreibt Ulrike Schmitz: „Als Mitglied der deutschen IG Metall bin ich schockiert, dass bei euch fast 500 Kollegen ihre Jobs verlieren sollen, ich erkläre mich mit euch solidarisch… Ich habe die IGM kontaktiert, hier in Braunschweig gibt es ein Bombardier-Werk, das Züge herstellt.“
Die IGM-Delegiertenversammlung in Erfurt stimmte einstimmig einem Antrag zu, in dem es heißt: „Die Delegiertenversammlung möge eine Solidaritätsnote beschließen, um Unite im Kampf für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Bombardier zu unterstützen. Die Geschäftsstelle Erfurt möge dies umsetzen.“
In Nordirland wird die Solidarität begeistert angenommen. Gegenüber der UZ äußerten sich Mel Corry, Vorsitzender der KP in der Nordregion, Unite-Mitglied und im Gewerkschaftsapparat mit Bildung befasst, und Marion Baur, die sich im KP-Vorstand mit Internationaler Solidarität beschäftigt. Mel Corry: „Das hilft nicht nur den Kollegen und unseren oft zu defensiven Funktionären. Es ist auch gut für uns Kommunisten, wenn als erster Nicht-Ire der DKP-Vorsitzende schreibt, dann ist klar, woher der Wind weht – einfach großartig!“ Marion Baur: „Auf einer Insel wie dieser ist es oft gut, wenn aus ‘der großen Welt’ Unterstützung kommt, wir haben das verbreitet und jetzt melden sich aus den USA und aus Kanada solidarische Gewerkschafter – so soll das in erster Reihe Stehen von Kommunisten aussehen, denke ich.“