Dutzende Journalistinnen und Journalisten sind beim G20-Gipfel von der Polizei bei der Ausübung ihrer Tätigkeit behindert worden. Nicht wenige wurden sogar Opfer von Polizeigewalt. Betroffen waren keineswegs nur linke Journalisten. So berichtete selbst der Bild-Chefreporter Frank Schneider beim Kurznachrichtendienst Twitter, dass bayerische Einsatzkräfte am Rande der Schanzen-Räumung komplett durchdrehten. Sie „greifen Unbeteiligte und Reporter gezielt an“, warnte er. „Mein Team und ich wurden gerade erst von Polizisten mit Pfefferspray bedroht und angegriffen“, berichtete auch der freie Journalist Flo Smith. Der Fotograf Erik Marquardt, der für die Berliner Grünen zur Bundestagswahl antritt, schrieb ebenfalls bei Twitter: „Habe Polizist meine Presseakkreditierung gezeigt. Er sagte: ‚Ist mir scheißegal, verpiss dich hier. Dann trat er zu.“
In seinem Internetblog vionville.blogspot.de stellte sogar der Polizist Oliver von Dobrowolski, der in Hamburg als einer von 30 Berliner Polizisten im Kommunikationsteam im Einsatz war, fest, dass „die vielen persönlichen Berichte von Journalisten und Aktivisten, die bei ihrer Tätigkeit behindert oder auch angegriffen wurden“, „gewiss nicht in Gänze erfunden sein können“.
Selbst ordnungsgemäß für den Gipfel akkreditierte Journalisten wurden Opfer polizeilicher Willkür.
So wurde mindestens 32 Medienvertretern die Akkreditierung vor Ort wieder entzogen. Betroffen waren unter anderem Mitarbeiter der Tageszeitung junge Welt. „Das Vorgehen des Bundespresseamts und der Polizei am Medienzentrum ist aus mehreren Gründen skandalös und rechtswidrig. Dass Listen in mehrfacher Ausführung kursierten und offen einsehbar waren, auf denen die Namen von Journalistinnen und Journalisten standen, denen die Akkreditierung entzogen wurde, verstößt gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Betroffenen“, kritisierte daraufhin die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (DJU) in Verdi, Cornelia Haß.
Noch während des Gipfels hatte sie die Einsatzkräfte zur Zurückhaltung ermahnt. „Es mehren sich Berichte von Journalistinnen und Journalisten, die in den zurückliegenden Stunden wiederholt von Einsatzkräften der Polizei trotz gültigen Presseausweises bei der Arbeit behindert wurden“. „Wir erwarten, dass die dem Artikel 5 (Presse- und Informationsfreiheit) entsprechenden Rechte von den Einsatzkräften respektiert und ihrerseits durchgesetzt und der bundeseinheitliche Presseausweis als Legitimation für die professionelle journalistische Arbeit im öffentlichen Interesse anerkannt werden“, betonte sie. Die Gewerkschaft rief unterdessen von rechtswidrigen Maßnahmen der Beamten betroffene Journalisten auf, sich mit ihr in Verbindung zu setzen und kündigte an, die Betroffenen auch juristisch zu unterstützen.
Mit den vielen Vorwürfen konfrontiert, reagierte Regierungssprecher Steffen Seibert, eins selbst als Journalist tätig, mit Allgemeinplätzen. Das Misstrauen vonseiten der Journalisten gegenüber den Entscheidungen seiner Behörde, könne ihn „nicht kalt lassen“, schwadronierte er Ende der letzten Woche. Damit dürfte das Thema jedoch kaum beendet sein.