Die Rückreise vom Familienurlaub aus Kroatien wurde für Familie Kilic jäh unterbrochen, als der 53-jährige Familienvater Ismet am 26. Juli an der slowenischen Grenze gestoppt und festgenommen wurde. Der Familienvater und Taxifahrer konnte es sich erst nicht erklären, nach stundenlangem Warten und der Überführung in die Untersuchungshaft stellte sich heraus, dass das türkische Regime über Interpol für die Festnahme gesorgt hatte. Es handelt sich um eine sogenannte „Red Notice“, welche die Mitgliedstaaten dazu auffordert, die betreffende Person festzunehmen. Die jeweiligen Staaten entscheiden allerdings selber darüber und sind nicht verpflichtet, dem nachzukommen.
Der Hintergrund der Verfolgung liegt über 20 Jahre zurück. Ismet Kilic war in der Türkei Tierarzt und aktiver Gewerkschafter. Es gelang ihm, unter äußerst schwierigen politischen Bedingungen eine Gewerkschaft für kommunale Angestellte mit dem Namen „Bem-Sen“ zu gründen. Als Vorstandsmitglied äußerte er sich in Pressemitteilungen wiederholt regierungskritisch. Kilic prangerte die systematischen Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei an. Außerdem wagte er, die Kriegspolitik des türkischen Militärs in den kurdischen Regionen zu verurteilen. Dies war ausreichend, um ihn in Abwesenheit erst zu 15 Jahren, später dann zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis zu verurteilen. Ismet Kilic versteckte sich, nach einiger Zeit gelang ihm die Flucht in die BRD. In Deutschland erkannten die Behörden ihn als politische Flüchtling an. Vor zehn Jahren schließlich bekam Kilic die deutsche Staatsbürgerschaft zuerkannt.
All dies schützt ihn allerdings nicht vor der Repression durch den türkischen Staat. Familienangehörige und Freunde fürchten nun seine mögliche Auslieferung. Die Öffentlichkeit reagierte schnell in der ersten Woche nach der Festnahme. In den sozialen Netzwerken fordern Zehntausende die sofortige Freilassung aus der Haft. In Zeitungsberichten und Stellungnahmen werden die deutschen Behörden aufgefordert, sich für Kilic einzusetzen und dafür zu sorgen, dass er unverzüglich nach Duisburg zurückkehren kann. „Es ist wirklich eine Farce, dass immer wieder anerkannte politische Flüchtlinge verhaftet werden, weil sie über Interpol von eben jenem türkischen Regime per Haftbefehl gesucht werden, dem sie ja glücklicherweise entkommen sind. Ankara muss diese Möglichkeit komplett entzogen werden. Die Rote Hilfe e. V. fordert die sofortige Freilassung von Ismet Kilic. Er muss unverzüglich nach Deutschland zurückgeholt werden“, sagt Anja Sommerfeld im Namen der Solidaritätsorganisation „Rote Hilfe e. V.“. Entgegen offizieller Aussagen des deutschen Konsulats ist bisher noch kein Konsulatsangehöriger im Untersuchungsgefängnis gewesen, um den Inhaftierten zu betreuen.