Begonnen hatte das 21. UZ-Pressefest, das am vergangenen Wochenende in Berlin stattfand, für viele bereits vorher. Zuerst natürlich für diejenigen, die gleich nach der Absage des gewohnten Platzes in Dortmund begonnen hatten, Alternativen zu suchen und schließlich in Berlin zu finden.
Danach wurden es von Woche zu Woche mehr, für die dieses Fest ins Zentrum ihrer Gedanken und Hoffnungen rückte: Programmplaner, Techniker und Helferprofis. Mehr als eine Woche vorher füllten sich Hostels, Ferienwohnungen, WG-Zimmer und Wohnwagenplätze mit Gästen aus der ganzen Republik, die plakatierten und das Programm verteilten, häufig zusammen mit dem Berliner „Anstoß“, der viermal im Jahr und diesmal mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren erscheinenden Zeitung der DKP Berlin. Ab Donnerstag summte es rund um den Rosa-Luxemburg-Platz wie in einem Bienenhaus. Seine Namensgeberin hätte ihre jubilierende Freude gehabt an diesen friedlichen Heerscharen, die genau hier das größte Fest der Linken in Deutschland auf die Beine stellten. In Tag- und Nachtarbeit trotzten sie auch dem großen Regen, der kurz vor dem Start noch einmal alles zu bedrohen schien.
Dann war es endlich so weit: An mehreren Bühnen unter freiem Himmel und in Zelten startete am Samstag um 11 Uhr das 21. UZ-Pressefest. Die Ängste, der Regen, der neue Platz, die viele Konkurrenz in der Viermillionenstadt könnte es zu einem Fest unter uns werden lassen, zerstreuten sich, je mehr Besucher den Weg zum Rosa-Luxemburg-Platz fanden. Ein imaginäres Ufo hätte es vielleicht das Fest der Trauben getauft, denn von oben war gut zu erkennen, wo gerade Debatten stattfanden: An den jeweiligen Zelten hatten sich so viele Menschen angefunden, dass sich regelmäßig um die Zelteingänge herum Trauben von Zuhörern bildeten, die etwas mitbekommen wollten. Im Debattenzelt diskutierten Aktivisten den weiteren Weg der Friedensbewegung, im Rosa-Luxemburg-Zelt bekräftigten viele ihre Solidarität mit dem Donbass und Egon Krenz signierte sein neues Buch – bis keines mehr da war. In der Casa Cuba gaben Botschaftsvertreter aus China, Kuba und Vietnam ihre Erfahrungen mit der Errichtung des Sozialismus in ihren Ländern weiter.
Aber die Debatten beschränkten sich nicht auf die Zelte, die Maigalerie der „jungen Welt“ oder das Kino Babylon. Überall standen auf diesem Fest des Wiedersehens, der kämpferischen Solidarität, des Friedens und der kollektiven Suche nach dem Weg zum Sozialismus die Menschen zusammen und redeten miteinander. Die Freude, hier zu sein, war ihnen anzumerken und Freude strahlten viele aus – die alten Kämpen, die Paare, denen das Glück jahrelangen gemeinsamen Kämpfens anzusehen war, genauso wie die vielen jungen Gesichter.
Linke Politik ohne Kultur kann es nicht geben. Diese theoretische Einsicht, die auf einer der hochwertigen Diskussionsrunden der Marx-Engels-Stiftung unterstrichen wurde, hatte praktische Konsequenzen auf den Bühnen dieses Festes, die im Laufe des Tages die Trennung von Künstlern und Zuhörern immer mehr aufhoben – etwa als vor der Kleinkunstbühne laut das Einheitsfrontlied erscholl und vor allem abends, als hunderte bis zum Abwinken des Festes vor der Hauptbühne und im Kuba-Zelt tanzten. Sie hätten wohl bis in den frühen Morgen weitergetanzt, wäre da nicht die Rücksicht auf die Anwohner mitten in Berlin gewesen. Nur eine Gruppe Genossinnen und Genossen blieb wach: Die Ordner, auf deren Warnwesten zu Recht stand: „Wir sind Sicherheit“.
An einigen allerdings liefen die Ereignisse dieses roten Wochenendes im wahrsten Sinne des Wortes vorbei: An denen, die im Karl-Liebknecht-Haus die Entscheidung getroffen hatten, der DKP die Nutzung von Räumen zu verweigern. Während draußen das rote Leben pulsierte, lag das Haus mit dem stolzen Namen traurig, stumm und leblos daneben.
Dem Fest tat das keinen Abbruch. Die Entscheidung für Berlin war gewagt. Wir haben das Wagnis gewonnen.