Am 26. August fand die offizielle Auftaktveranstaltung der Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser in NRW – für alle“ vor dem Landtag in NRW statt. Nach mehr als einem Jahr Vorbereitungsarbeiten und coronabedingten Verzögerungen hat sich das breite Bündnis aus Patientinnen-, Patienten- und Angehörigenorganisationen, Selbsthilfegruppen, politischen Organisationen, verschiedenen lokalen Gesundheitsbündnissen und der Gewerkschaft ver.di auf den Weg gemacht, trotz aller Hürden in der direkten Demokratie in NRW die Landesregierung zu einem Umdenken in der Krankenhauspolitik zu zwingen.
Die Erfahrungen mit den deutlich wirkungsmächtigeren Volksbegehren in Bayern, Hamburg und Berlin haben gezeigt, dass dieser Weg bei der aktuellen politischen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte auch in NRW voraussichtlich scheitern würde. Ein Volksbegehren zwingt den Landtag, sich mit einem konkreten Gesetzestext auseinanderzusetzen und kann durch einen Volksentscheid danach durch die Bürgerinnen und Bürger direkt entschieden werden. Bei der jetzt gewählten Variante der Volksinitiative zwingt das Erreichen der notwendigen Unterschriften den Landtag nur, das Thema zu bearbeiten. Umso wichtiger ist es dem Bündnis, nicht nur die notwendigen 66.000 Unterschriften zu sammeln, sondern mit mehreren hunderttausend Unterschriften und breiter Unterstützung aus der Gesellschaft und dem politischen Raum Druck für die zentralen Forderungen zu machen.
Die Volksinitiative fordert eine komplett veränderte Krankenhauspolitik in NRW. Dazu werden in fünf Forderungsfeldern die zentralen Knackpunkte der verfehlten Krankenhauspolitik der letzten Jahrzehnte benannt und Alternativen eingefordert. Mit dem Herausstellen des Forderungsfeldes „patientenorientiert, barrierefrei und selbsthilfefreundlich“ zeigt sich deutlich die Perspektive der Patienten- und Angehörigenverbände und Selbsthilfegruppen, die sich erstmals so stark und vielfältig in einem politischen Bündnis engagieren. Das Feld „wohnortnah und bedarfsorientiert“ reagiert mit der Forderung nach einer gesellschaftlichen Debatte auf die neue Krankenhausplanung, die Minister Laumann gerade hinter verschlossenen Türen durchzieht und mit denen weiteren Krankenhausschließungen der Boden bereitet wird. Ziel ist hier, einen Stopp im jetzigen Prozess zu erreichen und den neuen Krankenhausplan NRW erst zu verabschieden, wenn unter Einbindung aller betroffenen Gruppen die Kriterien diskutiert und bearbeitet wurden und eine zukünftige Versorgungsstruktur am Bedarf der Bevölkerung ausgerichtet ist.
Die dritte Forderung „Krankenhäuser – vollfinanziert durch das Land NRW“ greift die jahrelange Unterfinanzierung der Krankenhäuser in NRW im Bereich der Investitionskosten auf. Jedes Jahr wird den Krankenhäusern eine Milliarde Euro, die ihnen rechtmäßig zusteht, vom Land vorenthalten, was dazu führt, dass die Krankenhäuser ihre Modernisierungs- und Instandhaltearbeiten aus den Personalkosten finanzieren. Das führt zu Personalabbau und Druck auf die Tarifverträge und andere Lohnkostenreduzierungen, zum Beispiel durch Outsourcing oder Werkverträge. Die beiden letzten Forderungen richten sich an die Bundespolitik und fordern das Land NRW auf, sich über den Bundesrat für die Abschaffung der Fallpauschalen und verbindliche Personalbemessung in den Krankenhäusern einzusetzen.
Im kommenden halben Jahr wird es nun darum gehen, die betrieblichen Auseinandersetzungen zum Beispiel im Rahmen der Tarifrunde Öffentlicher Dienst in den kommunalen Krankenhäusern und örtliche Auseinandersetzungen um anstehende Krankenhausschließungen mit dem übergeordneten Interesse der Patientinnen/Patienten und Angehörigen und aller Bürgerinnen und Bürger zu verbinden und über die Volksinitiative Druck auf die Landesregierung aufzubauen, der so groß ist, dass sie sich dem nicht entziehen kann. Da die Umsetzung der Forderungen der Volksinitiative auch ein frontaler Angriff gegen die Profitinteressen der Konzerne ist, lohnt es sich, die Volksinitiative landesweit und vor allem vor Ort zu unterstützen und unsere Perspektive für eine geplante und profitunabhängige Gesundheitsversorgung in die Debatte zu tragen.
Alle Infos zur Volksinitiative und Unterschriftenlisten unter: gesunde-krankenhaeuser-nrw.de