Im November 2022 hat Johannes Hör ein Fotobuch herausgegeben, das „den“ Arbeitskampf des Jahres 2022 eigenwillig dokumentiert. In diesem Jahr streikten die Beschäftigten der Unikliniken NRW für einen Tarifvertrag Entlastung. An sechs Standorten beteiligten sich 12.000 Beschäftigte an Warnstreiks, mit denen sie ihren Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen Nachdruck verliehen.
„Beim Betrachten unzähliger Streikfotografien beginnt man zu vergleichen. Der Streik als etwas, das gemacht wird – das wiederholt sich. In seiner Art und Weise. Wie er an die Öffentlichkeit herantritt“, schreibt der Autor und wirft Fragen auf: „Je länger das Schauen, desto mehr Details werden sichtbar. Mit der Zeit können wir diese anschauend untersuchen. Was bedeuten all die kleinen Dinge, die Schilder, wie sie gemacht werden, das Konfetti, die Pose des Kameramanns – wofür stehen diese Gesten?“
Antworten findet er bei Brecht. „Für ihn ist die Geste ein Mittel der Inszenierung. Er kehrt sie aber in seinem Werk um: Er macht aus einem Ausdruck, einer Handlung, die gewöhnlich für etwas Innerliches, Gedankliches steht, einen Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Geste wird eine Handlung, die die Umstände einer Gesellschaft benennt. Betrachten wir also die Gesten dieses Streiks, der in der Öffentlichkeit ebenfalls als Inszenierung in Erscheinung tritt.“
Auf 64 Seiten dokumentiert Hör den Arbeitskampf der Pflegekräfte in NRW. Er steht nicht abseits, sondern positioniert sich: „Demokratischer als in anderen Auseinandersetzungen haben sie sich in diesem Arbeitskampf über elf Wochen behauptet. Insgesamt wurde über 70 Tage unbefristet gestreikt. Die Belegschaft hat so offensiv mehr Personal für die größten Krankenhäuser NRWs eingefordert und auf der Straße durchgesetzt. Als Konsequenz verbesserten sie damit das öffentliches Leben im größten Bundesland der BRD.“
Johannes Hör
Gesten des Arbeitskampfes
Selbstverlag, 64 Seiten
mit Schutzumschlag, 19,50 Euro
Erhältlich unter uz-shop.de