UZ: Du bist gelernte Altenpflegerin und aktiv bei ver.di. Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Meike Siefker: Ich arbeite auf einer peripheren Station in einem kommunalen Krankenhaus als examinierte Pflegekraft. Meine Aufgaben und Verantwortungsbereiche unterscheiden sich nicht von denen einer „Krankenschwester“ – die Berufsbezeichnung hat sich in den vergangenen Jahren mehrfach geändert. Dazu gehört die direkte Grund- und Behandlungspflege am Patientenbett, aber auch administrative Aufgaben wie die Dokumentation oder das Erstellen einer Pflegeplanung. Wir Pflegekräfte arbeiten im Dreischichtsystem und natürlich auch an Wochenenden sowie Feiertagen.
UZ: Du hast früher in einer Altenpflege-Einrichtung gearbeitet. Warum hast du in ein Krankenhaus gewechselt?
Meike Siefker: Es stimmt, den Beruf der Altenpflegerin habe ich mir bewusst ausgesucht. Aber die Arbeitsbedingungen sind dort noch viel schlechter. Es gibt noch weniger Personal und weniger Gehalt. Dafür ist die körperliche Belastung größer und in der Regel sind weniger Hilfsmittel vorhanden. Altenpflege ist unter diesen Bedingungen nichts für „alte“ Pflegekräfte.
UZ: Was sind denn die Hauptprobleme?
Meike Siefker: Das Hauptproblem ist nach wie vor der Personalmangel in Bezug auf die Arbeitsdichte. Selbst wenn die seit 2021 eingeführten Personaluntergrenzen eingehalten werden, was oft nicht der Fall ist, beispielsweise bei einem kurzfristigen Personalausfall, reichen diese für eine gute Pflege bei weitem nicht aus. Das führt zu einem „schlechten Gewissen“, das einen auch nach Feierabend verfolgt. Immer wieder werden Sätze geäußert wie „Eigentlich haben wir einen wunderschönen Beruf, aber unter diesen Bedingungen ist er die Hölle“.
UZ: Siehst du Möglichkeiten, Verbesserungen durchzusetzen?
Meike Siefker: Sich für Verbesserungen einzusetzen fällt vielen schwer. Oft macht sich Mutlosigkeit breit, gepaart mit einer tiefen Erschöpfung. Dabei haben uns Kolleginnen und Kollegen aus anderen Kliniken die Gegenwehr und das Kämpfen für bessere Bedingungen mit Erfolg vorgemacht. Ich erinnere nur an die vielen Krankenhausstreiks in den letzten Tarifrunden.
Die Beteiligung unserer Belegschaft in den letzten zwei Tarifrunden war zwar noch überschaubar, aber durchaus vorhanden. Es gab Tarifbotschafter und einzelne Aktionen. Im Moment versuchen wir, funktionierende ver.di-Strukturen im Betrieb aufzubauen.
UZ: Du bist auch aktiv in der DKP und kandidierst zur EU-Wahl. Wie kriegst du das mit deinem Beruf zeitlich unter einen Hut?
Meike Siefker: Oft passen mein Dienstplan und politische Aktivitäten nicht zusammen. In meiner Parteigruppe wird selbstverständlich auf die Arbeitszeiten der Genossinnen und Genossen Rücksicht genommen, nur gestaltet sich die Terminfindung meistens als Drahtseilakt. Viele erwerbstätige Genossen haben Schichtpläne – geregelte Arbeitszeiten sind eher die Ausnahme. Die betriebliche Arbeit ist immer ein Thema in der Parteigruppe. Betriebliche Aktionen werden auch von den Genossinnen und Genossen außerhalb des Betriebs aktiv unterstützt.
UZ: Bei den letzten Kommunalwahlen hast du in Osnabrück als Bürgermeisterkandidatin kandidiert. Das heißt, du trittst offen als Kommunistin auf. Was sagen deine Kolleginnen und Kollegen dazu?
Meike Siefker: Das ist sehr unterschiedlich. Meine Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich direkt arbeite, akzeptieren meine politische Arbeit, teilweise werde ich von ihnen auch aktiv unterstützt. Von denjenigen, die mich nur mal so flüchtig gesehen haben, wurde ich während der Kommunalwahlen oft eher belächelt bis hin zu ausgelacht.
Kurz nach den Kommunalwahlen fanden auch Betriebsratswahlen statt. Betriebsratsmitglieder, die mich als „Neue“ nicht persönlich kannten, sind – positiv ausgedrückt – auf Distanz gegangen, bis hin zu der Aussage: „Die ver.di-Liste ist voll“ – das hing wohl auch mit meiner Bürgermeister-Kandidatur zusammen.
UZ: Eine Kandidatur zur EU-Wahl ist nicht gerade naheliegend. Was versprichst du dir von der Kandidatur?
Meike Siefker: Wir wissen seit langem, dass wir bei überregionalen Wahlen – Bundestag, Landtage, EU-Parlament – auf absehbare Zeit keine Aussicht auf Mandate oder auch nur auf sichtbare Wahlergebnisse haben. Trotzdem sind auch diese Wahlen immer eine Gelegenheit, unseren politischen Positionen Gesichter zu geben.
UZ: Zurzeit sammelt ihr Unterschriften für den Antritt zur Kandidatur. Was ist dein Hauptargument, warum man die DKP mit einer Unterschrift unterstützen sollte?
Meike Siefker: Wir stehen für Pflege statt Panzer!
UZ: Wie wollt ihr an den Wahlkampf rangehen?
Meike Siefker: Wir wollen vor allem die „großen“ politischen Fragen, also heute vor allem unsere Opposition gegen Kriegskurs und Militarisierung, mit unserer konkreten Interessenvertretungsarbeit vor Ort, in Betrieb und Kommune, verbinden – ganz im Sinne der Aussage von Herbert Mies, Kommunistinnen und Kommunisten müssten stets als eine Art Vertrauensleute des Volkes wirken.