Poroschenko bereitet neue Eskalation vor – trotz Streit in der ukrainischen Rechten

Gesetze für den Krieg

Von Renate Koppe

Ein knappes Ergebnis im letzten Moment: Am 6. Oktober hat das ukrainische Parlament, die Oberste Rada, das Gesetz über den „besonderen Status des Donbass“ um zwölf Monate verlängert. Das Gesetz wäre sonst Mitte Oktober ausgelaufen. Die Kiewer Machthaber geben damit dem Druck des Westens, insbesondere der Bundesregierung, nach – denn die Großmächte erwarten, dass Kiew seine aggressive Politik so verkleidet, als bewege sie sich im Rahmen der Minsker Vereinbarungen von 2014 und 2015.

Das Gesetz sieht vor, dass der Donbass nur dann einen besonderen Status erhalten soll, wenn die Volksrepubliken dort sich allen von Kiew diktierten Bedingungen beugen. So nennt es bis heute die Kommunalwahlen im Donbass vom Dezember 2014 – die nie stattgefunden haben und natürlich auch nicht mehr stattfinden können – als eine Bedingung. Spätestens seit 2015 ist es damit eine reine Farce. 2015 ließ Poroschenko eine weitere Bedingung einfügen: die Auflösung aller „ungesetzlichen militärischen Formationen“. Damit forderte das Gesetz die militärische Kapitulation der Volksrepubliken, bevor Kiew selbst irgendwelche Zugeständnisse machen will. Die Fassung von Oktober hat diese Bedingung noch einmal ausdrücklich betont. Vor dem Beschluss im Parlament sagte Sekretär des zuständigen Rada-Komitees, es sei ganz unnötig, dass Poroschenkos Gegner sich über das Gesetz aufregen: Schließlich seien die Bedingungen so gestellt, dass der Sonderstatus des Donbass ohnehin nicht in Kraft treten könne. Es ist daher auch folgerichtig, dass die Vertreter der Ukraine sich seit fast zwei Jahren weigern, das Inkrafttreten des „besonderen Status des Donbass“ bei den Minsker Verhandlungen auch nur auf die Tagesordnung zu setzen.

Am 6. Oktober hat die Rada in erster Lesung noch ein weiteres Gesetz verabschiedet, das sich gegen die Volksrepubliken richtet: Das Gesetz über die Reintegration des Donbass, offiziell: „Über Besonderheiten der staatlichen Politik zur Gewährleistung der staatlichen Souveränität der Ukraine über die zeitweilig besetzten Territorien des Donezker und Lugansker Oblast“. In diesem Gesetz wird der Russischen Föderation „Aggression gegen die Ukraine“ vorgeworfen und der Donbass offiziell als von Russland besetzt deklariert. Dieses Gesetz ist also unmittelbar gegen die Minsker Vereinbarungen gerichtet, die von einem Bürgerkrieg in der Ukraine ausgehen. Die erste Fassung des Entwurfs enthielt noch einen Bezug auf die Minsker Vereinbarungen, der aber gestrichen wurde. Das Gesetz sieht weiter die Schaffung eines einheitlichen Stabs der ukrainischen Streitkräfte vor, der nicht nur alle Truppen in der Konfliktzone, sondern auch die militärisch-zivilen Verwaltungen, also die ukrainischen Besatzungsbehörden in den von der Ukraine kontrollierten Teilen der Volksrepubliken, kontrollierten soll. Der Entwurf sieht auch vor, dass der Präsident das Recht hat, die Armee im Inneren des Landes ohne Zustimmung des Parlaments einzusetzen.

Beide Gesetze konnte Poroschenko nur mit einer Mehrheit von wenigen Stimmen durchs Parlament bringen: 226 Stimmen sind für eine Mehrheit nötig, 229 Abgeordnete stimmten für das Gesetz über den „besonderen Status“, 233 für das Gesetz über die „Reintegration“. Poroschenkos Gegner im Parlament richten sich nicht gegen die Kriegspolitik des Präsidenten, sondern sind Ausdruck der Konflikte innerhalb der ukrainischen Rechten: Poroschenkos Konkurrenten wollen verhindern, dass dieser noch mehr Macht in den eigenen Händen konzentriert.

Mitte November könnte Poroschenko das „Reintegrations“-Gesetz zur zweiten Lesung vor die Rada bringen, sagte eine Abgeordnete vom „Block Pjotr Poroschenko“. Ob dieses Gesetz nun verabschiedet wird oder ob es eher ein Manöver Poroschenkos ist, um die offen faschistischen Kräfte inner- und außerhalb der Rada zu beschwichtigen, die sich inzwischen offen gegen ihn stellen, ist derzeit offen. Auch wenn Poroschenko den offenen Faschisten nicht weit genug geht: Seine neuesten Gesetze machen es möglich, dass die Kiewer Machthaber ihren Krieg gegen den Donbass eskalieren.

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"Gesetze für den Krieg", UZ vom 10. November 2017



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