Deutsche-Bank-Chef Sewing kündigt „harte Entscheidungen“ an

Geschrumpfter Global Player

Von Klaus Wagener

Die laut Finanzstabilitätsrat (FSB) ehemals „gefährlichste Bank der Welt“, die Deutsche Bank, hat eine neue Konzernspitze. John Cryan musste nach heftiger Debatte im Aufsichtsrat gehen, der ehemalige Commercial-Banking-Vorstand Christian Sewing erhielt mit sofortiger Wirkung seinen Posten. Dass der Brite nach weniger als drei Jahren seinen Job schon wieder los wurde, deutet nicht gerade darauf hin, dass er den bei seiner Wahl formulierten Auftrag, das Unternehmen profitabler zu machen, erfolgreich ausgeführt hat. Cryan gilt als zu bedächtig, von Sewing erwarten sich die Damen und Herren um und hinter Vorstandschef Paul Achleitner offensichtlich mehr Durchsetzungsstärke. Man könnte auch sagen: Mehr Brutalität und Rücksichtslosigkeit.

John Cryan war der richtige Mann, als es nach endlosen Skandalen und Gerichtsverfahren gegen die zu zweifelhafter Prominenz gelangten Deutschbanker nötig wurde, ein wenig in Sack und Asche zu gehen. Der Brite verkörperte diese Rolle nach den arroganten Ackermann-Jahren und dem konzeptlosen Jain/Fitschen-Intermezzo perfekt. Doch nun ist genug mit geheucheltem Understatement. Sewing hat sogleich „harte Entscheidungen“ angekündigt. Die Bank müsse ihre „Jägermentalität zurückgewinnen“, man müsse sich „in allen Geschäftsbereichen steigern und die Messlatte wieder höher legen“. Das dürfen die Angestellten getrost als Kriegserklärung verstehen.

In den schwül-hektischen Tagen des Sommers 2007 hatten die Spekulanten noch 93,43 Euro für die Aktie der Deutschen Bank geboten. Danach kam der jähe Absturz. Millionen Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben – und an vorderster Front der Räumungskläger stand die Deutsche Bank. Hunderte Milliarden Steuergeld wurde mobilisiert, um das verspekulierte Bankenkapital zu retten. Billionensummen wurden von den Zentralbanken gedruckt, um den Crash der Realwirtschaft abzufangen – bis heute.

Mit Cryan hat sich weder der Kurs erholt noch die Rendite. Der Kurs ist bei gut 10 Euro festbetoniert. Zwar hat die Bank für 2017 227,3 Mio. Euro Dividende ausgeschüttet, doch bei einem ausgewiesenen Jahresverlust von 750 Mio. Euro heißt das, von der schwindenden Substanz zu zehren. Cryan steht für kontinuierliche Verluste, 2015 war es eine Rekordsumme von minus 6,794 Mrd. Euro. Das gilt in Frankfurt eher als suboptimal, zumal das Casino brummt wie selten. Der Dax stand am Wochenende bei 12 442,40 Punkten und damit nur geringfügig unter dem Allzeithoch. Die „Gelddruckmaschine“ EZB hat die Börsenwerte aufgeblasen wie nie. Anfang 2009 stand der Index bei 3 709 Punkten.

Die andere Seite der Medaille: Die Nullzinspolitk der Zentralbank macht das „Brot und Butter-Geschäft“ der Bank nicht gerade attraktiv. Zumal die Bank bei der so bejubelten Auflösung der Deutschland AG Anfang des Jahrhunderts und ihrer konsequenten Ausrichtung auf die Große Zockerei an der Wall Street und der Londoner City ihre einflussreichen Positionen in Aufsichtsräten der deutschen Monopole zu einem erheblichen Teil eingebüßt hat.

Die Bank steckt gewissermaßen zwischen Baum und Borke. Zwar steht das Investmentgeschäft noch für mehr als die Hälfte des Umsatzes. Aber eine Rückkehr in die erste Reihe der anglo-amerikanischen Großspekulanten erscheint kompliziert. Hier sind die Erfolge eng mit staatlicher Regulierung bis Kumpanei verbunden. In Krisenzeiten gelten der US-Imperialismus und sein Juniorpartner eben noch immer als die sichersten Adressen für den zusammengerafften Mehrwert des Globus. Die gefährlichste Bank der Welt heißt heute JPMorgan Chase & Co.

Dagegen hat „Brot und Butter“ nicht viel zu bieten. Die Margen bei Fristentransformation und ähnlichem sind überschaubar. Christian Sewing soll nun auch die Postbank integrieren. Ein Megaprojekt mit ungewissem Ausgang und fraglicher Rendite. Auch die Hoffnungen des exportorientierten, international aufgestellten Mittelstandes auf eine begleitende Bank klingen ehrenwert. Ob aber damit die Erwartungen der Aktionäre, vor allem der institutionellen Anleger, zu erfüllen sind, ist eine andere Sache. Trotz aller Blut-Schweiß-und-Tränen-Reden und anglizismengespickter Globalisierungs-Emsigkeit sieht es doch eher nach zweiter Reihe aus für die so bemühten Deutschbanker. Passend zur provinziellen Großmannssucht des deutschen Imperialismus. Wie in Euroland zu beobachten ist, kein gutes Zeichen für die Zukunft.

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"Geschrumpfter Global Player", UZ vom 20. April 2018



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