Nachdem am Montag und Dienstag bereits rund 2.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder in Heidelberg, Konstanz und Tübingen im Warnstreik waren, haben gestern vor der dritten und vorerst letzten Verhandlungsrunde nochmals 2.000 Streikende an Kundgebungen und Demonstrationen in Stuttgart, Karlsruhe und Ravensburg teilgenommen. In Baden-Württemberg gibt es gut 100.000 direkt von den Tarifverhandlungen betroffene Angestellte und 191.000 indirekt betroffene Beamtinnen und Beamte.
Allein in Stuttgart streikten am Nikolaustag rund tausend Beschäftigte. Sie kamen aus zahlreichen Bereichen: Studierendenwerke, Universitäten, Staatstheater, Zentrum für Psychiatrie Winnenden, Feuerwehr, Statistisches Landesamt und viele andere Landeseinrichtungen. Studentische Hilfskräfte an den Universitäten streikten erneut dafür, endlich einen Tarifvertrag zu erhalten. Mit ihrem Transparent „Schluss mit prekärer Wissenschaft“ bildeten sie die Spitze der Demo vom Gewerkschaftshaus zum Finanzministerium. Beim Kundgebungsauftakt wurde festgestellt: „Geschenke bringt der Nikolaus – aber den Tarifvertrag, den erkämpfen wir!“
Der Vertreter der studentischen Beschäftigten kritisierte die Kettenbefristungen an den Unis scharf und dass nur der Mindestlohn – manchmal nicht einmal der – für diese Beschäftigten bezahlt wird, es nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch gibt und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Zwei Drittel der Studenten müssen für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Dafür braucht es bessere Bedingungen – die prekäre Arbeit in der Wissenschaft muss beendet werden.
Hanna Binder, stellvertretende ver.di-Landesbezirksleiterin, lobte, dass in dieser Tarifrunde viele Dienststellen mit streikten, die seit Jahren nicht gestreikt haben oder gar noch nie. Sie betonte, dass das Ergebnis mindestens so hoch sein müsse wie das im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen im Frühjahr. Es gehe nicht an, dass der öffentliche Dienst der Länder nur zweiter Klasse sei.
Die GEW-Vertreterin lobte die hervorragende Arbeit der Lehrer, die allerdings nicht entsprechend bezahlt werde. Sie machte auf die schlechtesten Ergebnisse aller Zeiten der PISA-Vergleichsstudie aufmerksam. In Baden-Württemberg sei der Erfolg der Schüler immer noch stark abhängig vom Elternhaus. Mit diesem Gerechtigkeitsproblem mache man sich an den Kindern schuldig. Jedes Kind habe ein Recht auf eine gute Kindheit. Dazu brauche es gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung für das pädagogische Personal, sonst verschärfe sich der Fachkräftemangel weiter.
Auch die Vereinigung Deutscher Opern- und Tanzensembles e. V. (VDO) hatte zum Solidaritätsstreik aufgerufen, ein Novum in ihrer Geschichte. Sie solidarisieren sich mit den Beschäftigten, da der Abschluss im Länderbereich auf ihre Gagen übertragen wird. Ihre Solidarität zeigten sie mittels zweier Lieder aus Opern. Die ver.di-Kollegen bedankten sich mit tosendem Applaus.
Cuno Brune-Hägele vom verdi-Bezirk Stuttgart betonte zum Schluss nochmal, wie wichtig die Kampf- und Streikbereitschaft als Signal an die Arbeitgeber seien. Mogelpackungen würden nicht akzeptiert. Mit dem abgewandelten Songtext von Paulchen Panther „Heut ist nicht alle Tage; wir kommen wieder, keine Frage“ beendete er die Kundgebung.