Trump und Kim gehen ohne Ergebnis auseinander

Geplatztes Gipfeltreffen

Von Stefan Kühner

Mit einem Schock endeten die Gespräche zwischen der Demokratischen Volksrepublik Korea (DRV) und den USA über die Entnuklearisierung. Die Delegation der Vereinigten Staaten beschloss mitten in den Verhandlungen, das Gipfeltreffen in Hanoi zu beenden“, schrieb „Viet Nam News Online“ kurz nachdem das Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Führer der DRV Kim Jong-un ohne Einigung endete.

Die Schuld schob Trump sofort Kim in die Schuhe. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz sagte Trump, er habe die Verhandlungen beendet, nachdem Kim sich geweigert habe, die Forderungen der USA zu erfüllen. Laut dem Präsidenten ging es um den Knackpunkt „Sanktionen“. „Viet Nam News“ zitiert dazu Trump: „Im Grunde genommen wollten sie die Aufhebung der Sanktionen in ihrer Gesamtheit, und das konnten wir nicht tun. Sie waren zwar bereit, einen großen Teil der von uns gewünschten nuklearen Abrüstung vorzunehmen, aber wir konnten nicht alle Sanktionen dafür aufgeben. Sie werden deshalb bleiben, wie sie sind.“ Die DRV hat inzwischen dementiert, dass die Beseitigung aller Sanktionen überhaupt gefordert wurde.

Der Gipfel war in den USA und Europa mit hohen Erwartungen überfrachtet worden. In den Medien war von der Schaffung eines dauerhaften und stabilen Friedensregimes die Rede. Sogar ein Friedensvertrag zwischen den beiden koreanischen Staaten und den USA wurde als Ergebnis der Gipfelgespräche in Aussicht gestellt.

Das hat sich nun erst mal in Schall und Rauch aufgelöst, obwohl Trump betonte, dass die Gespräche gut waren, und wolkig hinzufügte: „Wir sind in der Lage, etwas ganz Besonderes zu tun, aber ich würde es viel lieber richtig machen, als schnell.“

Der Gipfel sollte zwei komplizierte Themenkomplexe in einem Geniestreich, wie Trump dies gerne nennt, lösen. Der eine Aspekt ist das Atomwaffenarsenal der DRV. Hier hatte sich Kim klar positioniert und erklärt, er sei bereit, die wichtigste Nuklearanlage seines Landes, das „Yongbyon Nuclear Scientific Research Center“, zu schließen, falls die Sanktionen aufgehoben würden. Auf die Frage eines Journalisten, ob er wirklich zur Entnuklearisierung bereit sei, antwortete er: „Wenn ich nicht bereit wäre, wäre ich jetzt nicht hier.“ Den USA war dies zu wenig. Nach südkoreanischen Berichten forderte der Nationale Sicherheitsberater John Bolton die DRV unerwartet auf, seine chemischen und biologischen Waffen offenzulegen.

Der zweite Aspekt war die Wirtschaft. Während es der DRV um die Abschaffung der ihrer Sicht nach völlig ungerechtfertigten Sanktionen ging, wollte Trump einen neuen Absatzmarkt für die US-Konzerne. „Die Zeit“ schrieb am Tag des Gipfels: „Trump persönlich versprach, Nordkoreas Wirtschaft werde ‚abgehen wie eine Rakete‘, sollte sich Nordkorea gegen die Bombe entscheiden.“ In der Abrüstungsfrage war Kim bereit, weitgehende Zugeständnisse zu machen, nicht aber bei einer völligen Unterwerfung unter das ökonomische Diktat der USA.

Trump versuchte in Hanoi erneut, in bilateralen Verhandlungen seine Macht auszuspielen. In „Dealmaker-Manier“ wollte er den Führer der DRV über den Tisch ziehen und als Sieger aus dem Raum gehen. Das hat bei Kim nun nicht geklappt. Kim beharrte offensichtlich auf der Forderung nach Aufhebung der Sanktionen. Ein weiteres Konzept Trumps in den internationalen Beziehungen ist ebenfalls gescheitert. Es mangelt an der Bereitschaft, Verhandlungen zuvor mit dem Gesprächspartner ordentlich vorzubereiten. „Wir haben wochenlang mit unseren Teams gearbeitet und die Nordkoreaner in die Pflicht genommen, um zu versuchen, einen Weg nach vorne zu finden“, sagte US-Außenmister Pompeo nach dem Abbruch des Besuchs in Hanoi. Das ist etwas völlig anderes als Vorbereitungsgespräche auf Augenhöhe. Das klingt eher nach Belehrungen eines Imperialisten gegenüber einem zweitklassigen Land.

Der geplatzte Gipfel vermasselt Trump einen dringend benötigten Sieg inmitten wachsender innerer Unruhen zu Hause und in der Außenpolitik. Innenpolitisch gerät er durch die Aussagen seines einstigen Anwalts Michael Cohen noch mehr unter Druck. Außenpolitisch ist sein Coup gegen Venezuela zumindest vorerst gescheitert.

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"Geplatztes Gipfeltreffen", UZ vom 8. März 2019



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