Am 12. August 2016 hatten die „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF), das heißt die kurdischen YPG und ihre arabischen Unterstützer, mit Hilfe der US-Luftwaffe und US-Spezialeinheiten den IS aus der Stadt Manbidsch vertrieben. Jetzt räumen die letzten Einheiten der YPG Manbidsch, nachdem die USA und die Türkei eine Vereinbarung getroffen haben.
Manbidsch liegt westlich vom Euphrat und die Türkei – die selbst in Syrien interveniert – war nicht bereit, kurdische Einheiten westlich vom Euphrat zu dulden. Die USA hatten 2016 schon vor Beginn der Offensive um Manbidsch auf eine Einigung mit der Türkei gehofft, die Verhandlungen verliefen damals jedoch ergebnislos.
Spätestens mit der Eroberung von Afrin durch die Türkei im März wurde der Konflikt um Manbidsch wieder akut. Würde es keine Einigung mit den USA geben, drohte der türkische Außenminister, würde die Türkei einseitige Maßnahmen ergreifen, um die YPG aus dem Norden Syriens zu vertreiben. Die USA reagierten mit der Stationierung von mehren hundert Soldaten in Manbidsch. Doch die Verhandlungen zwischen der Türkei und den USA dauerten an und führten schließlich zu einem Ergebnis. US-Außenminister Mike Pompeo und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu einigten sich in Washington auf einen Fahrplan zum Rückzug der YPG und die Einrichtung eines neuen Sicherheitskonzepts „nach dem IS“.
Die kurdische Führung des lokalen Militärrats von Manbidsch würde durch „lokale Kräfte“ ersetzt. „Manbidsch wird nicht durch die USA oder die Türkei übernommen“, erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums. „Die Bevölkerung von Manbidsch soll selbst ihre Regierung festlegen.“ Die „lokalen Kräfte“ müssen allerdings sowohl den USA wie der Türkei zusagen, zitierte die „Washington Post“ Beamte im Außenministerium.
Ilham Ahmed, stellvertretende Vorsitzende des politischen Arms der SDF, beschwerte sich. „Als wichtiger Partner im Kampf gegen den IS verdienen wir es, an jeder Vereinbarung beteiligt zu werden, in der es um Gebiete unter unserer Kontrolle geht.“ Und weiter: „Was für eine Partnerschaft wäre es, wenn die USA die Partei für die Invasoren ergreifen würde …
Die Einigung zwischen der Türkei und den USA lässt manche Träume der kurdischen Politiker platzen. Bei allen Konflikten zwischen der Türkei und den USA – die weit über das Thema Nordsyrien hinausgehen – ist der NATO-Partner Türkei für die USA doch wichtiger als die YPG.
Mit der Ernüchterung über das Bündnis mit den USA scheint sich zumindest bei Teilen der SDF eine größere Gesprächsbereitschaft gegenüber der syrischen Regierung abzuzeichnen. Umgekehrt gab es auch von Seiten der Regierung Gesprächsangebote. Letztes Jahr erklärte der syrische Außenminister, eine Selbstverwaltung der kurdischen Gebiete sei verhandelbar. Und erst unlängst besuchte eine Delegation einer syrischen Oppositionspartei Quamishli, das zum großen Teil unter kurdischer Kontrolle steht, um einen Dialog zu starten.
Eine Einigung der SDF mit der syrischen Regierung wäre eine angemessene Antwort auf die Aufteilung Nordsyriens zwischen der Türkei und USA. Doch bauen die YPG vermutlich weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit den USA.