EU bemüht sich um neue Farbenrevolution

Georgischer Maidan

Gert Ewen Ungar

Die EU ist ein imperialistisches Projekt. Länder, die in den Einflussbereich der EU kommen, werden gezwungen, ihre Souveränität aufzugeben. Sie haben sich den Vorgaben aus Brüssel unterzuordnen. Der Wählerwille zählt nur dann, wenn er mit den Vorstellungen Brüssels korrespondiert. Das ist das in der EU gepflegte Demokratieverständnis, das zudem auf die parlamentarische Demokratie beschränkt ist.

Das hat nun auch Georgien erfahren müssen. Dort regiert mit absoluter Mehrheit die Partei „Georgischer Traum – Demokratisches Georgien“. Die Partei ist wertkonservativ mit sozialdemokratischer Ausrichtung und bemüht sich um eine ausbalancierte Haltung sowohl gegenüber der EU als auch gegenüber Russland. Blickt man auf das Wahlergebnis der letzten Parlamentswahl, so wird deutlich: An demokratischer Legitimation mangelt es der Partei nach den Kriterien der EU nicht.

Die Regierungspartei brachte ein Gesetz ein, nach dem Organisationen, die in der Öffentlichkeit auftreten und zu mehr als 20 Prozent vom Ausland bezahlt werden, sich als genau das kennzeichnen sollen: als vom Ausland finanzierte Organisationen. Dagegen ist zunächst wenig einzuwenden. Es dient der Transparenz. Ähnliche Gesetze gibt es in den USA, in Russland und zahlreichen anderen Ländern.

Das Gesetz sorgte für Protest. Das russische Gesetz wird in Deutschland regelmäßig kritisiert, gegenüber den USA äußert man diese Kritik nicht, obwohl das US-amerikanische Gesetz deutlich strengere Auflagen macht.

In Georgien gab es massiven Protest gegen das Gesetz. Demonstranten mit EU-Fahnen und Plakaten in englischer Sprache versammelten sich vor dem Parlament und versuchten es zu stürmen.

Während sich Politik und Medien in anderen Kontexten angesichts von Versuchen, Parlamente zu stürmen, besorgt um die Demokratie zeigen, wurde diese Information dieses Mal unterdrückt. In den deutschen Medien erfuhr man nur, dass die Demonstranten die Meinungsfreiheit in Gefahr sehen und keine „russischen Verhältnisse“ wollen. Vom Sturm auf das Parlament kein Wort.

Man fühlte sich an den Maidan 2014 in der Ukraine erinnert. Plötzlich finden tausende Menschen im Protest gegen ein Gesetz zusammen, das ihre Lebensqualität nicht unmittelbar betrifft. Die Proteste wirkten von außen gesteuert. Dass die Demonstranten die Nationalhymne der Ukraine sangen, verstärkte den Eindruck noch.

Der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, verurteilte das Gesetz. Es habe mit europäischen Werten nichts zu tun und stelle die weitere Integration Georgiens in die EU infrage. Auch nach der Rücknahme des Gesetzes flauten die Proteste kaum ab. Ein Hauch von Farbenrevolution lag in der Luft.

Die EU sagte Georgien 9,2 Millionen Euro zu, die der Stärkung der Zivilgesellschaft dienen sollen. Mit ihnen werden jene Organisationen finanziert, die sich jetzt nicht als vom Ausland finanziert kennzeichnen müssen, die eine engere Anbindung Georgiens an die EU und NATO befürworten und dafür werben. Was die EU betreibt und als Demokratieförderung tarnt, ist nichts anderes als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Georgiens.

Die EU wiederholt in Georgien alles, was bereits in der Ukraine zu schweren Verwerfungen geführt hat. Es gibt auch in Georgien Teile der Bevölkerung, die sich Russland verbunden fühlen und einer Vereinnahmung durch die EU und NATO kritisch gegenüberstehen.

Im russischen Fernsehen wurden Bilder von Gegenprotesten gezeigt, auf denen die Fahne der EU verbrannt wurde. Diese Bilder wurden in Deutschland nicht gezeigt. Auch in der Ukraine gab es einen relevanten Teil der Gesellschaft, der die Anbindung an den Westen auf Kosten der Beziehung zu Russland ablehnte. Das war der Anlass für den Bürgerkrieg im Osten des Landes und der Auslöser für den bestehenden Konflikt.

In der vergangenen Woche wurde dann bekannt, dass die EU ein Gesetz vorbereitet, nach dem sich Organisationen, die aus dem Nicht-EU-Ausland Unterstützung erhalten, sich in der EU als ausländische Agenten registrieren müssen.

Der ganze Vorgang zeigt in seiner völligen inneren Widersprüchlichkeit, dass das Gerede von Demokratie und Werten vorgeschoben ist. Es geht beim imperialistischen Projekt EU um territoriale Ausdehnung und Ausbeutung. Die Entstehung von Konflikten bis hin zu Kriegen wird dabei billigend in Kauf genommen.

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"Georgischer Maidan", UZ vom 24. März 2023



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