Französisches Gericht ordnet Freilassung von libanesischem Langzeitgefangenen an. „Antiterror-Staatsanwaltschaft“ legt Berufung ein

Georges Abdallah bald wieder in Freiheit?

Leon Wystrychowski

Nach 40 Jahren Gefangenschaft könnte der libanesische Kommunist und pro-palästinensische Freiheitskämpfer Georges Ibrahim Abdallah endlich freikommen. Am vergangenen Freitag ordnete das für seine Freilassung zuständige Gericht an, Abdallah solle am 6. Dezember 2024 entlassen werden. Voraussetzung ist, dass er Frankreich unverzüglich verlässt und nie mehr zurückkehrt. Damit würde eine der längsten Haftstrafen in der Geschichte der französischen Justiz enden.

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP wertete Abdallahs Rechtsanwalt Jean-Louis Chalanset die gerichtliche Anordnung als „einen rechtlichen und politischen Sieg“. Allerdings kündigte die Gegenseite, die „Nationale Antiterror-Staatsanwaltschaft“, bereits am Freitag an, sie werde Rechtsmittel gegen den Beschluss einreichen. Entsprechend wiesen verschiedene Aktivisten und Medien darauf hin, dass bereits 2013 eine Freilassung Abdallahs angeordnet worden war. Diese Gerichtsentscheidung sei jedoch auf Druck der USA und infolge einer Berufung der Antiterror-Standanwaltschaft aufgehoben worden. Dass dieser Druck ausgerechnet in der aktuellen Situation schwächer ausfällt, ist unwahrscheinlich. Eine Freilassung und Rückkehr des prominenten Gefangenen und Freiheitskämpfers Georges Abdallah in den Libanon zum jetzigen Zeitpunkt dürfte den Widerstand und insbesondere die linken Kräfte in der Region moralisch stärken. Dass dies weder im Interesse der USA noch Frankreichs ist, liegt auf der Hand.

George Ibrahim Abdallah schloss sich 1971 der linken Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) an und beteiligte sich 1979 an der Gründung der Libanesischen Revolutionären Bewaffneten Fraktionen. 1978 und 1982 kämpfte er gegen die Invasionen der israelischen Armee. 1984 im französischen Lyon wegen eines gefälschten Passes verhaftet, wurden ihm in der Folge mehrere Sprengstoffanschläge angelastet, die während seiner Haftzeit in Frankreich verübt worden waren. Daraufhin verurteilte ihn die französische Justiz in einem skandalösen Verfahren wegen angeblicher „Beihilfe zum Mord“ zu lebenslanger Haft. Seit 1999 kann Abdallah vorzeitig entlassen werden, seine neun bisherigen Anträge scheiterten jedoch allesamt.

Seit etwa 20 Jahren gibt es in Frankreich eine Kampagne zur Unterstützung von Georges Abdallah. Aus dieser Bewegung entstand unter anderem eine Dokumentation über sein Leben, die kostenlos auf YouTube anzusehen ist und die es unter anderem mit deutschen Untertiteln gibt.

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