5.000 Stahlarbeiter machten ihrem Ärger vor der Konzernzentrale von Thyssenkrupp in Essen Luft. Die IG Metall hatte am vergangenen Donnerstag zum Protest aufgerufen, weil es bislang keine Antworten auf die Fragen von Gewerkschaft und Betriebsrat zum Einstieg des tschechischen Geschäftsmanns Daniel Kretinsky bei Deutschlands größtem Stahlhersteller gibt. Wie es mit der Stahlproduktion und tausenden Arbeitsplätzen weitergeht, ist völlig unklar. Der Konzernbetriebsratsvorsitzende und der Bezirksleiter der IG Metall NRW warnten den Aufsichtsrat eindringlich davor, dem Einstieg des Investors gegen die Stimmen der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zuzustimmen. So ein Schritt könne zu monatelangen Unruhen in den Betrieben führen und sei ein Aufkündigen der Sozialpartnerschaft.
Da war ein Großteil der Demonstrierenden deutlich weiter. Nimmt man die Stimmung während der kämpferischen Rede des Konzernjugend- und Auszubildendenvertreters zum Maßstab, gab es nur wenige, die sich wunderten, dass sich der Aufsichtsrat wenige Stunden später über die Beschäftigten hinwegsetzte. Noch deutlicher war das bei der Rede von Thyssenkrupp-Chef Lopez. Er betonte immer wieder, dass man vor gemeinsamen Problemen stehe und sich gemeinsam für die Zukunft wappnen müsse. Buhrufe und Pfiffe machten deutlich, dass hier niemand mehr an Sozialpartnerschaft glaubt.
Die Kritik, die von der Bühne aus in Richtung Konzernführung kam, reicht den Kollegen nicht mehr. Doch eine Orientierung auf die nächsten Schritte gab es nicht. Auch die Unterstützung von Landes- und Kommunalpolitikern wurde zwar mit Applaus bedacht, aber den Stahlarbeitern fiel sehr wohl auf, dass es auch hier bei Appellen blieb. Der Glaube, dass dieser Staat den Weltkonzern ThyssenKrupp bändigt, ist nicht mehr vorhanden.
So blieben viele Demonstranten wütend, aber auch ein wenig ziel- und hilflos zurück. Nicht nur die IG Metall, sondern alle DGB-Gewerkschaften haben die Möglichkeit, die Beschäftigten aus der Resignation und hilflosen Wut herauszuführen. Aber dazu müssen sie die Logik von Sozialpartnerschaft und Standortpolitik aufgeben und wieder Teil der Friedensbewegung werden. Von der Bühne aus kam der Slogan „Stahl ist Zukunft“. Danach folgte sogleich „Marine ist Zukunft“ – das wurde auf dem Platz lautstark aufgegriffen. Also auch noch fehlgeleitete Sozialpartnerschaft.