Die Gewerkschaftsverbände ABVV/FGTB und ACV/CSC haben Belgien mit einem Generalstreik am 9. November weitgehend lahmgelegt. Beide Verbände fordern eine Deckelung der Strom- und Gaspreise, mehr Kaufkraft für die Werktätigen und eine Revision des „Gesetzes von 1996“, das den gewerkschaftlichen Spielraum bei Tarifverhandlungen stark beschneidet. Der Streik richtete sich auch gegen eine Initiative von Unternehmen, Lohnerhöhungen in diesem Jahr ganz auszusetzen.
Löhne und Gehälter sind in Belgien an einen Preisindex gekoppelt: Steigt die Inflation, steigen die Löhne analog dazu. Im öffentlichen Dienst werden die Gehälter automatisch angepasst, in der privaten Wirtschaft meist mit zeitlicher Verzögerung. Die Anpassung kann aber ausgesetzt werden, wenn die Regierung einen Indexsprung beschließt. Genau das verlangen Arbeitgeberverbände jetzt mit der Begründung, der Inflationsausgleich sei ein „Wettbewerbsnachteil“ gegenüber den Nachbarländern. ABVV/FGTB verweist hingegen auf die satten Gewinne vieler Konzerne.
In den proletarisch geprägten Regionen Walloniens war die Streikbereitschaft am größten. In den Provinzen Liège und Namur war der öffentliche Nahverkehr deutlich eingeschränkt, in Charleroi ab dem frühen Morgen ganz eingestellt. Dort blieb der Flughafen geschlossen. Der größte Flughafen des Landes, Zaventem in Brüssel, musste über die Hälfte der Flüge streichen. Bestreikt wurden auch Einkaufszentren in Charleroi und Liège und die Supermarktkette Delhaize in Verviers. Einige Krankenhäuser mussten auf Wochenendbetrieb reduzieren.
In Flandern legten Arbeiter die Häfen von Antwerpen und Gent weitgehend still. Streikende postierten sich vor Werken von BASF, Bayer, Evonik, Lanxess und TotalEnergies.
Die Partei der Arbeit Belgiens (PTB-PVDA) befand, die Arbeiterklasse habe mit dem Generalstreik eine „klare Botschaft“ gesendet. Sie hatte ihre Mitglieder unter dem Motto „Blockieren wir die Preise, nicht die Löhne“ zur Teilnahme an Streikaktionen aufgerufen.