Ursula von der Leyen macht Tempo. Sie will innerhalb der nächsten Wochen festlegen, wie und zu welchen Anlässen sich die Bundeswehr auf Antiterroreinsätze im Inland vorbereiten soll. „Im Spätsommer werden wir mit der Innenministerkonferenz der Länder entscheiden, welche Einsatzszenarien wir üben müssen“, erklärte sie der „Bild“-Zeitung. Im Ernstfall müssten die Alarmketten stehen, die Zuständigkeiten klar sein und es müsse genug Personal zur Verfügung stehen.
„Im akuten Fall entscheidet die Polizei, was sie braucht, um mit einer Terrorlage fertig zu werden. Aber prinzipiell hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass im Extremfall auch Militär angefordert werden kann“, sagte von der Leyen mit Blick auf das BVG-Urteil von 2012. Das Bundesverfassungsgericht hatte damals geurteilt, dass die Bundeswehr auch im Innern eingesetzt werden darf: Bei einem „besonders schweren Unglücksfall“ – wie einem Terroranschlag. Laut dem kürzlich vorgestellten Weißbuch der Bundeswehr sieht die Verteidigungsministerin bei „terroristischen Großlagen“ zudem einen Einsatz der Streitkräfte im Inland als verfassungskonform an, weil er den Ausnahmen im Grundgesetz entspreche. Artikel 87a des Grundgesetzes ermöglicht den Einsatz der Bundeswehr im Inneren im Verteidigungs- und im Spannungsfall. Zur „Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“ kann die Bundesregierung Soldaten einsetzen.
Der stellvertretende Sprecher des Verteidigungsministeriums Boris Nannt konkretisierte die jüngsten Äußerungen der Ministerin in der vergangenen Woche: „Es ist Ziel, dieses Jahr noch im Herbst eine Stabsrahmenübung durchzuführen. Entscheidend sind dabei für uns Verfahren, Meldewege, Abläufe, Informationswege und Alarmierungsketten. Das wollen wir trainieren und einüben, sodass wir im Bedarfsfall unterstützen können, wenn die Polizei und die Länder das benötigen.“ Er betonte in einem MDR-Beitrag, dass die Polizei auch bei terroristischen Großlagen immer die Verantwortung behalte.
Unterstützung erhält von der Leyen aus den Reihen der eigenen Partei und vor allem der CSU. Eine Verfassungsänderung sei gar nicht nötig. Unions-Fraktionschef Kauder zögert jedoch noch. Im Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ räumte er ein, dass eine Verfassungsänderung „im Prinzip zwar nicht nötig“ sei – eine gesetzliche Klarstellung wäre aber wahrscheinlich hilfreich, um die Einsatzbedingungen rechtssicherer zu formulieren.
Die SPD lehnt – wie auch die Oppositionsparteien im Bundestag – den Bundeswehreinsatz im Inneren nach wie vor ab. Bleibt sie konsequent, könnte es nach den Bundestagswahlen 2017 keine neue Große Koalition geben. Aber bis dahin fließt ja noch viel Wasser die Spree hinunter.