China-Afrika-Gipfel bietet Westen die Stirn

Gemeinsam gegen Unrecht

Sie hat den alten westlichen Herren der Welt, die ihre globale Dominanz immer stärker wanken sehen, sicherlich nicht gefallen: die Rede, die UN-Generalsekretär António Guterres auf dem 9. Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC) hielt, das vom 4. bis zum 6. September in Peking durchgeführt wurde. Zu dem Treffen, das seit 2000 alle drei Jahre stattfindet, waren fast alle afrikanischen Staatschefs gekommen, und die wenigen, die fehlten, ließen sich durch ihre Stellvertreter oder Ministerpräsidenten vertreten. Trotz einer gewissen Gipfelmüdigkeit, von der auf dem afrikanischen Kontinent zuweilen die Rede ist – es gibt außer dem FOCAC auch mehr oder weniger regelmäßige Gipfeltreffen mit der EU, den USA, Indien, Russland, der Türkei und noch mehr –, ist die Attraktivität der Zusammenkunft mit China ungebrochen. Sie sei, lobte Guterres nun, „eine Säule“ der Süd-Süd-Kooperation, die wiederum „notwendig“ sei, um die UN-Entwicklungsziele sowie die Energiewende zu erreichen. Sie werde daher umfassend von den Vereinten Nationen unterstützt.

Im Grundsatz boomen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und den Staaten Afrikas ungebrochen. Die Volksrepublik und ihre Unternehmen investieren kräftig weiter; der Handel hat im vergangenen Jahr ein Allzeithoch von 282 Milliarden US-Dollar erreicht. Es gibt aber auch Korrekturbedarf. So übersteigt Chinas Export nach Afrika (173 Milliarden US-Dollar) den Import vom afrikanischen Kontinent (109 Milliarden US-Dollar) deutlich; und auch wenn die Volksrepublik nicht bloß Konsumgüter liefert, sondern etwa auch Maschinen zum Bau von Infrastruktur oder Fabriken: Das Handelsdefizit belastet die Staaten Afrikas. Zudem scheint die Ära voluminöser chinesischer Kredite zum Bau teurer Großanlagen, Kraftwerke etwa, vorüber. Zwar gehen lediglich 12 Prozent aller afrikanischen Außenschulden auf Kredite in China zurück; doch drückt die Schuldenlast eine Reihe afrikanischer Staaten und zugleich benötigen chinesische Banken ihre Kapazitäten zur Zeit mehr, um die heimische Wirtschaft anzukurbeln. Für künftige Darlehen macht in Peking die Parole die Runde: Weniger Volumen, sondern lieber „small, but beautiful“.

Auf dem FOCAC kündigte Chinas Präsident Xi Jinping zehn Schwerpunkte der chinesischen Afrika-Aktivitäten für die nächsten drei Jahre an. Einer davon sieht vor, den afrikanischen China-Export deutlich zu steigern; so senkt Peking seine Einfuhrzölle – und dies bei den 33 afrikanischen Staaten, die zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt gehören, auf Null. Zudem plant China, Cluster zur industriellen Kooperation auf dem afrikanischen Kontinent zu schaffen und die digitale Infrastruktur zu stärken. Kredite sollen auch weiterhin fließen; Xi sprach von 210 Milliarden Yuan, zuzüglich 150 Milliarden Yuan als Zuschüsse oder Privatinvestitionen. Dass Chinas Präsident die Summe in Yuan angab und nicht mehr in US-Dollar, zeigt: Peking beabsichtigt die eigene Währung auch in Afrika zu stärken. Gefördert werden sollen dem Vernehmen nach vor allem Projekte der Klimawende; das hilft, die Klimaziele zu erreichen, zugleich aber auch den gewaltigen Ausstoß der chinesischen Solarzellen-, Windrad- oder Elektroautohersteller abzusetzen. Bis zu 60.000 Bürger afrikanischer Staaten sollen berufliche Aus- und Fortbildung erhalten; 1.000 Politiker sollen zwecks Stärkung der Beziehungen zu ähnlichen Maßnahmen nach China eingeladen werden. Neu ist, dass Peking auch seine militärischen Aktivitäten in Afrika aufstocken will – vor allem in Form von Trainingsprogrammen und Rüstungsexporten.

Neu war auch, dass Xi die westlichen Mächte offen anging. Zwar sei die „Modernisierung“ ein „unveräußerliches Recht aller Länder“, konstatierte er; doch habe der Westen mit seinem Ansatz dazu dem Globalen Süden „immenses Leid“ zugefügt. China und Afrika kämpften nun dafür, „das historische Unrecht des Modernisierungsprozesses zu überwinden“. Und das sei keineswegs ein aussichtsloses Unterfangen, gab Xi sich hoffnungsvoll: Eine „Welle der Modernisierung im Globalen Süden“ sei, sofern man sich Seite an Seite für sie einsetze, machbar.

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"Gemeinsam gegen Unrecht", UZ vom 13. September 2024



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