Der Appell aus der Friedensbewegung gegen nuklearfähige US-Mittelstreckenraketen in Deutschland und für Diplomatie statt Eskalation bewegt sich aktuell im Bereich von 10.000 unterstützenden Unterschriften. Die Pläne der US- und der deutschen Regierung sind ein gefährliches Element der Pläne des Militärministers Pistorius, Deutschland „kriegstüchtig“ zu machen. Der ranghöchste Soldat der Bundeswehr, Generalinspekteur Carsten Breuer, verweist in diesem Zusammenhang auf die Kriege „in der Ukraine“ und „im Nahen Osten“ sowie auf „Unruhen in (…) der Sahelzone“ und schlussfolgert daraus, dass die Bundeswehr „ihre Aufgaben sowohl in der Landes- und Bündnisverteidigung als auch im internationalen Krisenmanagement erfüllen“ können muss. Zudem brauche es „gesellschaftlichen Rückhalt“ für die Bundeswehr. Er nennt das die „sicherheitspolitische Zeitenwende“. Die Bundeswehr solle kriegstüchtig gemacht werden, um „Herausforderungen in der Landes- und Bündnisverteidigung“, aber auch im „internationalen Krisenmanagement“ zu bewältigen.
Dieser Plan, der von der gesamten politisch-militärischen Führung Deutschlands weitgehend geteilt wird, zeugt von einer lebensgefährlichen Blindheit gegenüber den Gefahren des 21. Jahrhunderts. Er übergeht die strukturelle Kriegsuntauglichkeit unserer hochkomplexen Gesellschaft: Unsere Zivilisation kann einen Krieg auch ohne den Einsatz nuklearer Arsenale nicht überleben, da die Hightech-Industrie anfällig gegenüber Störungen ist. Frieden ist unabdingbar für die Sicherheit von Chemieanlagen, die teils tausende Tonnen hochgiftigen Stoffen verarbeiten. Die Gefahr steigt noch durch etwa zweihundert Nuklearanlagen – darunter alleine an die 170 Atomreaktoren in Europa. Im Krieg würden all diese Anlagen zu Zeitbomben an den Fundamenten des Lebens werden. Tschernobyl, Fukushima, Bhopal und Seveso sind warnende Beispiele, die zum Frieden mahnen, um noch Schlimmeres zu verhindern. Hier Kriegstüchtigkeit anzustreben, zeugt von einer Ignoranz, die das Überleben der Zivilisation gefährdet.
Der Appell „Gegen die atomare Bedrohung“ verweist auf die Gefahr, die von Offensivraketen ausgeht, die mit extrem kurzer Flugzeit und extrem hoher Zielgenauigkeit als Enthauptungsschlagwaffen einsetzbar sind, und die ab ihrer Stationierung die gesamte Sicherheit Europas untergraben, etwa wenn auf den Radarschirmen Russlands ein Atomangriff erscheint: Durch die kurze Flugzeit der neuen Raketen gibt es in dieser Lage keine Möglichkeit, die Situation adäquat zu überprüfen und über eine militärische Reaktion zu beraten. Die Gefahr eines automatisierten Gegenschlags selbst bei einem Fehlalarm steigt. Die NATO geht – wie dieser Fall zeigt – das Risiko eines Atomkriegs aus Versehen ein, den Europa nicht überleben würde.
Gegen dieses Risiko haben Friedensaktivisten einen Appell bei change.org veröffentlicht.