Regierungskoalition tagt in trauter Uneinigkeit

Gemeinsam aufrüsten

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit begann am Sonntag eine zweitägige Klausurtagung des Bundeskabinetts auf dem Schloss Meseberg in Brandenburg. Die Ampel-Koalitionäre sind zur Einigkeit verdammt, stehen sie doch wenige Tage vor der Präsentation der Eckdaten zum Bundeshaushalt 2024. Die muss Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Mitte März präsentieren und neben der Verkehrs- und der Energiepolitik sind die Finanzen eine der Sollbruchstellen der Regierungskoalition.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte zum Auftakt erst einmal auf Optimismus: „Wir werden zunächst einmal darüber reden, wie eine Gesellschaft, die so viel vor sich hat, zuversichtlich sein kann und bleiben kann.“ Er beschwor nicht nur die Zuversicht, sondern auch den Zusammenhalt: „Volker Wissing ist ein sehr, sehr guter Verkehrsminister.“ Dieses Lob soll die marktradikale FDP einbinden, die auf Grund von Wahlniederlagen in Serie ihre Rolle verstärkt als Opposition in der Regierung sieht.

Zwar ist die Selfie-Stimmung zu Beginn der Regierungsbildung vorbei, aber der Wunsch nach positiven Bildern ist ungebrochen. Bereits für die vorausgegangene Klausurtagung im August 2022 diente das malerische Schloss als Kulisse, vor der Kanzler Scholz verkünden konnte: „Unser Land ist stark und für stürmische Zeiten gewappnet.“ Die Bundesregierung habe intensiv und mit Zuversicht an Lösungen für aktuelle Herausforderungen gearbeitet – für die nationale Sicherheit und eine sichere und bezahlbare Energie. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass auf der offiziellen Tagesordnung für Sonntag und Montag Reizthemen ausgeklammert blieben. Stattdessen gab EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) eine Gasteinlage hinsichtlich wirtschaftlicher Perspektiven Deutschlands und Europas in der Zeitenwende.

Klimafreundlich erklärte der stellvertretende Regierungssprecher, Wolfgang Büchner, vor Beginn der Tagung: „Die Arbeitsatmosphäre in dieser Koalition ist eine gute. Wenn man auch sachlich zu bestimmten Fragen unterschiedliche Positionen hat.“

Die inhaltlichen und auch organisationspolitischen Interessen und Positionen der Regierungsparteien driften entgegen dieser gemalten Einigkeitsbilder weiter auseinander. Die Grünen stehen unter dem Eindruck des Seitenwechsels der SPD in der Bundeshauptstadt. SPD und FDP wiederum sehen mit Sorge auf die Umfragewerte, die beiden Parteien je 5 Prozent Verluste gegenüber der letzten Bundestagswahl vorhersagen – für die FDP ist dieser Verlust substanziell. Nach dem Verlust von liberalen Fraktionen in den Landtagen von Bremen, Hessen und Bayern ist auch ihre Präsenz im Bundestag bedroht.

Eine sozial orientierte Politik ist von keinem der Akteure zu erwarten, somit ist damit zu rechnen, dass es ungeachtet der Schuldenbremse große Einigkeit geben wird, mehr Geld bereitzustellen, um unter dem Vorwand der Energieknappheit und -wende Konzerne zu subventionieren und die militärische Aufrüstung voranzutreiben. Boris Pistorius hat seinen Bedarf zur „Modernisierung der Bundeswehr“ bereits angemeldet.

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"Gemeinsam aufrüsten", UZ vom 10. März 2023



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