Dass es beim Fußball in der Hauptsache ums Geld geht, wissen die distanzierten Betrachter genauso wie die Süchtigen. Derweil hatte die Finanzarchitektur des Fußballs einen kleinen Meteoriten-Einschlag zu verzeichnen: Das Bundesverfassungsgericht entschied im Januar, dass den Vereinen bei Hochrisikospielen die Mehrkosten für den Polizeieinsatz in Rechnung gestellt werden können, es gehe ja um gewinnorientierte Veranstaltungen. Abgesehen von dem Problem, dass die Vereine kaum Einfluss auf die Einstufung der Spiele haben und knüppelharte Polizeieinsätze auch gern mal ohne randalierende Fans über die Bühne gehen, dräuen nun monetäre Belastungen, die hier weniger, dort stärker zu Buche schlagen, also den Wettbewerb tangieren. In Elversberg darf man sich wohl entspannt zurücklehnen, in Dresden eher warm anziehen.
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Ungerecht an der Sache ist, dass Vereine, deren Fans nicht gerade den besten Ruf genießen (Stichwort: Hansa Rostock), einem dennoch leidtun müssen, weil sie gewiss nicht die Alleinschuld am hohen Gewaltpotenzial ihres Anhangs tragen. Die Charakteristika des regionalen Milieus scheinen mir ein gesellschaftliches Problem zu sein – das folglich auch nicht verschwände, löste man den heimischen Fußballclub auf. So gesehen liegt der Verdacht nahe, der Staat will einfach seine Repression wohlfeiler ausüben. (Auch die nächsten Versuche, Demo-Anmelder mit stattlichen Gebührenbescheiden zu beglücken, dürften nicht lange auf sich warten lassen.)
Zur Erleichterung der Kassenwarte verursachen die Fans aber nicht nur Kosten, sondern auch Einnahmen, zum Beispiel durch die Beiträge der Mitglieder. Deren Zahlen können sich sehen lassen. Acht Vereine in Deutschland haben über 100.000 Mitglieder, wobei die Bayern mal wieder Primus sind (382.000). Union ist weniger groß, hat aber eine Phase des stürmischen Wachstums hinter sich und mit seinen nunmehr 69.000 Getreuen den Stadtrivalen Hertha überflügelt.
Die Macher des Union-Programmheftes haben die rot-weiße Schar jüngst etwas genauer unter die Lupe genommen und dabei manches interessante Detail zutage gefördert. Vielleicht ein bisschen erwartbar war der Umstand einer eher bescheiden ausgeprägten Multikulturalität. Das legt jedenfalls das Ranking der Vornamen nahe. Bei den Herren der Schöpfung belegen Thomas, Andreas und Michael die vorderen Plätze, beim Weibsvolk sind es Katrin, Sabine und Sandra. So stellten die „Programmierer“ dann belustigt fest, dass es mehr Thomasse bei Union gibt als RB Leipzig überhaupt Mitglieder hat. Wobei letztere meist nicht mal ein Stimmrecht besitzen. Nimmt man nur die stimmberechtigten RB-Mitglieder (23) als Referenzgröße, zeigt sich, dass es sogar in Leipzig mehr Unioner gibt (225). Nur mal so am Rande.
Weniger überraschend ist das klare Ost-West-Gefälle bei den Mitgliederzahlen in Berlin. Bei den Bundesländern sieht es aber schon anders aus: in NRW gibt’s mehr als in Meck-Pomm, in Bayern mehr als Thüringen. Echt kurios ist der Umstand, dass sich in den USA mehr Mitglieder (70) tummeln als in Bremen (54). Was ist bloß los an der Weser? Vergleicht man die Zahl der köpenickisierten US-Amerikaner mit jener der eingeschriebenen Russen und Chinesen (je 1), könnte man hieraus eine starke Schlagseite hin zum westlichen Imperialismus herauslesen. Aber die Deutung gefällt mir nicht, drum übergehe ich sie.
Stattdessen gefällt mir der wachsende Zuspruch im europäischen Ausland, wo teils auch Fanclubs entstanden sind, etwa die „Alpe-Unioner“ (Schweiz), „Bamsegjengen“ (Norwegen) oder „Welsh Union Kings“ (Wales). Und der Impuls manches Engländers, einfach mal an die Alte Försterei zu kommen, weil es sich dort noch so ähnlich anfühlt wie einst in Liverpool oder Manchester, ist ohnehin ein Ritterschlag. Eisern Union!