Zum Aushungern des öffentlichen Dienstes und dem Mästen der Bundeswehr

Geld nur noch für Krieg

Betretene Gesichter gab es bei den drei Spitzen der Ampel-Regierung, nachdem das Bundesverfassungsgericht die 60-Millarden-schwere Umwidmung nicht ausgeschöpfter Kredite aus dem Corona-Fonds in den „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) für nichtig erklärt hatte. Schon einen Tag später aber gab sich einer der drei, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), vor dem Bundestag gelassen und verkündete, nun müsse man eben „mit weniger Geld wirksamere Politik“ machen. Dieser Drohung folgte als erste Erhöhung der Lasten für die Bevölkerung die Wiedereinführung der vollen Mehrwertsteuer für Restaurants und Kneipen. Sie wurde von einer Schwarzer-Peter-Posse begleitet, in der sich die FDP und die beiden anderen Duzfreunde aus der Ampel gegenseitig die Schuld an der vom Gaststättenverband angekündigten Pleitewelle zuschoben.

Zwar hat formal die gegenwärtig laufende Tarifrunde für die Bediensteten der Bundesländer mit der Lage des Bundeshaushaltes nichts zu tun. Aber eine ganze Reihe von Maßnahmen – beispielsweise das frühere 9-Euro-, jetzige 49-Euro- und in Zukunft wer-weiß-wie-teure-Ticket – sind Mischfinanzierungen von Bundes- und Landeskassen. Es ist daher so sicher wie das Amen in der Kirche, dass die neue Ebbe im Bundeshaushalt auch bei den nächsten Tarifgesprächen für den öffentlichen Dienst in den Ländern eine Rolle spielen wird. Vor allem die Bereiche Bildung, Soziales und Gesundheit werden weiter ausgehungert werden. Geld wird es auch auf Bundes- wie auf Landesebene am ehesten noch für Uniformträger geben, die immer häufiger in Anspruch genommen werden, um jede aufkommende Unruhe im Keim zu ersticken.

Zwar regt sich bei der Partei „Die Grünen“ vor ihrem Parteitag an diesem Wochenende Protest. So haben rund 500 Mitglieder per Brief beklagt, die Partei sei zu einer „Werbeagentur für schlechte Kompromisse“ verkommen, und sie konkretisierten, nach den schönen Versprechungen „kam Lützerath, kamen die 100 Milliarden für die Bundeswehr, kam … eine Kindergrundsicherung, die effektiv keinem Kind aus der Armut helfen wird“. Ein Ausstieg aus der Ampel ist von dieser Partei aber ebenso wenig zu erwarten wie von einer ihrer beiden im Niedergang zusammenstehenden Partner.

Einig sind sich alle drei: Der Rüstungsetat und die kürzlich beschlossenen zusätzlichen Milliarden für die weitere Befeuerung des Krieges gegen Russland werden bei der jetzt anrollenden Kürzungsorgie außen vor bleiben. Die Bundeswehr wird weiter gemästet. Dabei gäbe es eine Möglichkeit, zumindest Teile des blumigen Koalitionsvertrages noch zu retten. Denn die jetzt fehlenden 60 Milliarden sollten aus dem KTF zwischen 2024 und 2027 abfließen. Die jetzt entstandene Lücke umfasst also jährlich ziemlich genau die 15 Milliarden Euro, die grob gerechnet jedes Jahr aus den verschiedensten Töpfen in Form von Waffen, Ausbildungskosten, Hilfen für die Aufrechterhaltung des Staatsbetriebes in der Ukraine und andere Stützungsmaßnahmen von Berlin (zum Teil über Brüssel) nach Kiew fließen.

Statt den öffentlichen Dienst und die kümmerlichen Reste des deutschen Sozialstaats auszuhungern, wäre eine Umkehr des Aufrüstungs- und Kriegskurses der Kern einer Lösung der finanziellen Notlage, in der manche Kommentatoren den Bundeshaushalt jetzt sehen. Die Hoffnung, dass diese Erkenntnis sich durchsetzen könnte, ruht allerdings weder auf dem Parteitag der „Grünen“ noch auf den Gesprächen in den Fluren des Berliner Politbetriebes, sondern auf den hoffentlich vielen Tausenden, die sich am 25. November auf den Straßen in Berlin versammeln, um eine Abkehr vom verhängnisvollen Kriegskurs zu fordern.

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"Geld nur noch für Krieg", UZ vom 24. November 2023



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