Seit Jahren schon brodelt es zunehmend unter den hartgesottenen Fußballfans, was kürzlich wieder zu einem „Eklat“, wie es die Medien gerne nennen, gereicht hat, der den üblichen Verdächtigen der Parteienlandschaft ausreichend genug war, im Vorfeld der Bundestagswahlen wieder allerlei absurde Forderungen in den Raum zu werfen.
Seit einigen Monaten spitzt sich der Konflikt zwischen den aktiveren Vereinsanhängern auf den Tribünen auf der einen und den großen Klubs und Verbänden auf der anderen Seite zu. Im Rahmen der fortschreitenden Kommerzialisierung, der immer massiveren finanziellen Ausschlachtung des Profifußballs möchten die verantwortlichen Funktionäre auch die Fankurven befrieden und unliebsame, kritische Gruppen, größtenteils die „Ultras“, aus ihrem Eventzirkus heraus haben.
Nun muss man wissen, dass die Ultra-Bewegung ihre Geburt im Italien der frühen 1960er Jahre erfuhr. Die Bewegung breitete sich rasch aus; in weiten Teilen Europas bildeten sich derartige Gruppierungen. Bei politischen Konflikten haben Ultra-Gruppen oft schon Stellung bezogen, was den Verantwortlichen und Regierenden nicht immer gefiel. So beteiligten sich die Ultras Al-Ahlawy des ägyptischen Vereins al Ahly Kairo am Aufstand in Ägypten 2011. Sie traten als Verteidigung der Aufständischen des Tahrir-Platz gegenüber der Polizei auf.
Ultra-Gruppen in Europa treten oft durch soziales Engagement in Zeiten auf, wo an diesen Punkten bei der Finanzierung offizieller Projekte gespart wird. Da Ultras keine homogene Masse sind, werden medial vor allem negative Vorkommnisse herausgestrichen, um der geforderten härteren Gangart bei Sicherheit und Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum, wie im Stadion zuzuarbeiten.
Es wird bei der derzeitigen Berichterstattung häufig „vergessen“, dass die Fanvertreter in Sachen Dialogbereitschaft einen langen Atem hatten, was, aus welchen Gründen auch immer, nicht wahrgenommen wurde. Arbeitsgruppen und Diskussionen wurden, quasi über Nacht, einseitig von DFB oder DFL abgebrochen und gleichzeitig immer neue, einschränkende Maßnahmen im Rahmen der Sicherheit und der Kommerzialisierung verabschiedet. Ein großer Kritikpunkt hier ist etwa das zu laxe Verhalten des Fußballbundes beim Umgang mit den traditionellen Vereinsstrukturen.
Dass Fangruppen wie Ultras, die einen unkonventionellen subkulturellen Stil pflegen, der oft provokant ist, nun in Teilen drastisch reagierten, wie etwa beim rezenten Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und Hertha Berlin, war abzusehen. Vielleicht war es auch durch immer neue Diskreditierungen der Fans seitens der Funktionäre und Medien vorbereitet, damit die Herrschenden eine breite Unterstützung im Volk bekommen, wenn polizeiliche Freiheiten und Überwachung vorangetrieben werden.
Immerhin: Die jüngsten Proteste in den Kurven haben den DFB offenbar zum Einlenken bei undemokratischen Maßnahmen und zu einem neuen Dialogangebot bewegt. Vielleicht war dieser Tritt vors Bein hilfreich, wo Worte nicht mehr gehört werden.