Zu Frauenrechten in Afghanistan

Geheucheltes Entsetzen

Jetzt schreiben sie wieder die Bürgerpresse voll und geben in Fernsehtalkshows vor, sich um die Frauen und Mädchen in Afghanistan zu sorgen, die die USA und ihre Kriegsverbündeten bei ihrer überstürzten Flucht vom Hindukusch zurücklassen.

Dabei wird geflissentlich verschwiegen, dass die imperialistische Einmischung Washingtons in die Geschicke des Landes in den späten 1970er Jahren begann – und sich gegen eine fortschrittliche Bewegung richtete, der es bereits gelungen war, den König zu stürzen und die sich gerade anschickte, eine Agrarreform durchzuführen.

In der 1978 ausgerufenen Demokratischen Republik Afghanistan wurde die Stellung der Frau in der Gesellschaft von Anfang an verbessert – und auffallend viele Frauen stellten sich in den Dienst der neuen Ordnung und waren bereit, ihre neuen Rechte zu verteidigen.

Darauf reagierten die USA mit Waffenlieferungen an und einer großzügigen finanziellen Unterstützung für reaktionäre afghanische Feudalherren und selbstgezüchtete islamische Gotteskrieger. Diese ließen gerade erst zum Studium zugelassene Frauen, Lehrerinnen und ihre Schülerinnen ermorden – ohne dass das im Westen auch nur zur Kenntnis genommen worden wäre.

Als sich die progressive afghanische Regierung dann hilfesuchend an die Sowjetunion wandte, rüsteten die USA ihre reaktionären Marionetten immer weiter mit den modernsten Waffen auf.

Damals interessierte sich kein einziges Leitmedium der vermeintlich „freien“ (lies: kapitalistischen) Welt für das schon damals beklagenswerte Schicksal der afghanischen Frauen und Mädchen. Vielmehr brachten US-Diplomaten das nicht minder frauenfeindliche Saudi-Arabien dazu, den afghanischen Reaktionären die neuen Waffen zu bezahlen, und die pakistanische Armee dazu, sie ins benachbarte Afghanistan zu schmuggeln.

Der „Nationale Sicherheitsberater“ des damaligen, von den „Demokraten“ gestellten US-Präsidenten Carter, Zbigniew Brzezinski, ließ sich 2001 gar zu der Aussage hinreißen, die Toten von „Nine eleven“ – nicht zu verwechseln mit den 200.000 Einheimischen, die in fast zwei Jahrzehnten Krieg getötet wurden, – seien „kein zu hoher Preis“ dafür gewesen, die Sowjetunion in eine tödliche Falle gelockt zu haben.

Gegenüber dem Pariser „Nouvel Observateur“ hatte Brzezinski schon drei Jahre zuvor erklärt, dass die CIA die Mudschaheddin und die Taliban bereits 1979, ein halbes Jahr bevor die sowjetische Regierung die Armee in Afghanistan einmarschieren ließ, im Kampf gegen die Regierung der Demokratischen Volkspartei Afghanistans mit modernsten Waffen ausgerüstet und daran trainiert hatte.

Vergleicht man die Umstände des sowjetischen Abzugs aus Afghanistan in den Jahren 1988 und 1989 mit dem Fiasko dieser Tage, dann stellt man fest, dass sich die Regierung Mohammed Nadschibullahs zumindest in den größeren Städten bis 1992, also über das Ende der Sowjetunion hinaus, halten konnte.

Und heute? Das zuletzt von den USA installierte Ghani-Regime hat sich sofort nach dem Abzug der Besatzer ins Ausland abgesetzt und die bis vor kurzem noch 300.000 von den USA ausgerüsteten und von ihren NATO-Verbündeten ausgebildeten afghanischen „Sicherheitskräfte“ haben noch nicht einmal versucht, es mit den deutlich schlechter ausgerüsteten Taliban-Kämpfern aufzunehmen.

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"Geheucheltes Entsetzen", UZ vom 27. August 2021



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