Das ist kein zufälliges Zusammentreffen unabhängiger Ereignisse: Am vergangenen Wochenende zeigte sich, dass der Inlandsgeheimdienst dieses Landes an der Ermordung von zwölf Menschen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt beteiligt war. Am Dienstag darauf lehnten die Verfassungsrichter der Republik es ab, die NPD zu verbieten. Die NPD ist nicht nur eine offen rassistische und faschistische Partei. Sie wurde auch viele Jahre lang vom Inlandsgeheimdienst, absurderweise offiziell als „Verfassungsschutz“ bezeichnet, gefördert, angeleitet und finanziell gestützt. In welchem Ausmaß die NPD ein Produkt des „Verfassungsschutzes“ war und noch ist, bleibt der Öffentlichkeit verborgen. Das Bundesverfassungsgericht hatte es aber beim ersten Verbotsverfahren im März 2003 abgelehnt, die NPD zu verbieten, weil der Inlandsgeheimdienst die Partei unterwandert und gesteuert hat. Jeder 7. Funktionsträger der NPD-Leitungsebene sei ein Informant des Verfassungsschutzes gewesen, wurde damals festgestellt.
Im Vorfeld des jetzt abgelehnten Verbots habe der Inlandsgeheimdienst seine Unterstützung für die NPD eingestellt, wird von der politischen Führung des Landes versichert. Dass die NPD seitdem schwächer geworden ist, in keinem Landtag der Republik mehr vertreten ist und ihre früher führende Rolle an andere Gruppierungen/Parteien auf der extremen Rechten abgeben musste, kann an der nicht mehr so üppigen Unterstützung durch die Behörden liegen. Wir wissen es nicht, nehmen aber zur Kenntnis, dass das Gericht heute die NPD für zu schwach hält, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung des Staates zu gefährden, und es deshalb ablehnt, die Partei zu verbieten.
Der Inlandsgeheimdienst ist dazu offenbar in der Lage. Über das Verbot des Verfassungsschutzes hatte das Gericht aber nicht zu befinden. Dass diese staatliche Organisation seit vielen Jahren dabei ist, die Demokratie in dieser Republik zu schädigen, daran besteht kein Zweifel mehr. Die enge Verbindung des Verfassungsschutzes zu den Mördern von der „NSU“ ist in vielen Untersuchungsausschüssen zur Sprache gekommen. Sie wurde als unerklärliche Serie von „Pannen“ getarnt. Ähnliches scheint sich im Fall des wahrscheinlichen Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri zu wiederholen. Dass die „Sicherheitsbehörden“ Monate lang engen Kontakt mit diesem Mann hatten, geben sie zu. Dass er vom Verfassungsschutz geführt worden ist, liegt nahe. In unseren regierungsfrommen Medien sorgte die Feststellung des NRW-Innenministeriums, Amri selbst sei kein V-Mann gewesen, für ein Moment scheinbar entsetzten Erkennens, wie eng die Zusammenarbeit der Geheimdienste mit dem Attentäter gewesen sein muss.
Die kleine Opposition (aus Grünen und Linken) im Bundestag will einen Untersuchungsausschuss. Völlig richtig. Nur, die Ausschüsse zum NSU-Komplex sind nie in die Nähe gekommen zu klären, wer für die Verbrechen (oder gezielten Pannen) des Verfassungsschutzes verantwortlich war. Die Koordination der Geheimdienste und der Vertuschung ihrer Verbrechen findet bekanntlich im Bundeskanzleramt statt. Darauf hinzuweisen wäre die Aufgabe der demokratischen Presse.
Der Inlandsgeheimdienst war und ist ein Instrument, um die Rechtsentwicklung dieser Gesellschaft voranzutreiben. Er gehört – ersatzlos – abgeschafft. Das bliebe auch dann richtig, wenn das Bundesverfassungsgericht die NPD, wie eigentlich notwendig, jetzt verboten hätte. Die gefährlicheren Täter handeln im Auftrag der Regierung.