Da war schon Stimmung in der Bude, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 26. Juni im Bundestag seine Regierungserklärung vortrug – begleitet von Zwischenrufen und Gelächter. Seine Visionen von Wachstumsturbo und Investitionsoffensiven sorgten ebenso für Heiterkeit wie seine Erfolgsstorys zum Beispiel über die „sichere und bezahlbare Energieversorgung“. In der Sache aber war sich das Gros der Anwesenden einig: Der Kriegshaushalt wird kommen – und er wird dreckig. Die gebetsmühlenartig vorgebrachte Marschrichtung des Kanzlers: Sicherheit nach Innen und nach Außen, denn „ohne Sicherheit ist alles nichts“. Scholz hielt einmal mehr eine Kriegsrede, wetterte gegen „Putins vermeintliches Waffenstillstandsangebot“ und feierte das Übertreffen des 2-Prozent-Ziels der NATO bei den Rüstungsausgaben. Der Kanzler stellte klar: Ein Zurück in die gute alte Zeit wird es nicht geben.
Da wird auch kein Widerspruch aus der eigenen Partei geduldet. Den Friedensappell von 18 prominenten Sozialdemokraten, darunter die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin und Peter Brandt, Sohn von Willy Brandt, hatte man geflissentlich ignoriert. In dem Aufruf für Diplomatie und einen sofortigen Strategiewechsel forderten die Sozialdemokraten mit Restverstand Mitte Juni das Ende der Eskalation des Ukraine-Kriegs, einen Waffenstillstand und die Aufnahme von Verhandlungen.
Mehr Gewicht hatte der Vorstoß für ein SPD-Mitgliederbegehren der Gruppe „Demokratische Linke 21“ (DL21) mit Unterstützung der Jusos und der Arbeitsgemeinschaft 60 plus. Sie wollen Kürzungen in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Bildung verhindern. Das Ansinnen wurde am Montag von der Bundesvorsitzenden der SPD, Saskia Esken, kassiert. Das Mitgliederbegehren sei rechtlich unzulässig, weil die Haushaltsgesetzgebung ausschließlich beim Deutschen Bundestag liege. Deshalb können man der Bundestagsfraktion „keine Aufgaben mitgeben“, beschied Esken, die bislang für das soziale Gewissen ihrer Partei zuständig war.
Ein Sprecher von „DL21“ zeigte sich enttäuscht: „Es wäre eine sehr gute Möglichkeit gewesen, die Mitglieder zu beteiligen und den Druck auf die FDP zu erhöhen.“ Deren Finanzminister lässt keinen Zweifel daran, dass er es ernst meint mit dem Nazi-Spruch „Kanonen statt Butter“. Das Wachstum des Sozialetats müsse gebremst werden, sagte er am Montag. Seit 2022 habe die Bundesregierung zusätzliche Sozialausgaben in Höhe von 15 Milliarden Euro jährlich beschlossen – „von der Ausweitung des Wohngelds bis zum 49-Euro-Ticket“. Nun werde eine Pause gebraucht. Schluss mit dem Sozialklimbim.
Die Beratungen für den Kriegshaushalt, der jetzt vorbereitet und voraussichtlich im September verabschiedet wird, haben vor allem eins verdient: Widerstand. In diesem Sinne ist das Gegrummel in der SPD ebenso zu begrüßen wie der Offene Brief der GEW an die Bundesregierung für ein Sondervermögen für Bildung und die Petition von Sozialverbänden zum Schutz der Öffentlichen Daseinsvorsorge. Noch fehlt die Forderung: Schluss mit Krieg und Kriegswirtschaft, runter mit der Rüstung!