Das hat man jetzt davon. Jeden Schwenk der US-Politik hat man mitgemacht, jeden vom großen Bruder angezettelten Krieg und jeden Regime-Change unterstützt, jeden Vertragsbruch im Sinn Washingtons interpretiert, bereitwillig die Last weiterer Aufrüstung bis hin zum 2-Prozent-Ziel der Nato geschultert. Und dann kommt so ein US-Präsident und erklärt kurzerhand die Europäische Union zum Gegner.
Ein Hieb ins Zahngehege der EU-Chauvinisten. Gegner – also auf der Ebene von „Shithole Countries“ der gehobenen Kategorie wie Russland und China. Das hat das Gebilde mit dem anmaßenden Kampfnamen „Europa“ nicht verdient, das ist Verachtung „europäischer Werte“, das ist „anti-europäisch“ und wie die Kampfbegriffe der EU-Ideologen alle lauten. EU-Ratspräsident Tusk schmollt: „Schätzen Sie Ihre Verbündeten, Sie haben nicht so viele.“
Jedem Ende, in diesem Fall der Freundschaft, wohnt ein Anfang inne. So auch in diesem Falle. Bietet die Brüskierung durch Trump nicht die Chance, die Reihen der EU wieder fester zu schließen? Der populistische EU-Nationalismus muss doch die Chance bieten, die „Bad Boys“ der Union – die Visegrád-Staaten, die Kurz und Orbán – wieder zu integrieren. Vielleicht rückt sogar der Traum von der EU-Armee seiner Verwirklichung näher? „Der Starke ist am mächtigsten allein“, schrieb Friedrich Schiller – „ein großer Europäer“ – im „Tell“, und dieser Satz fände sicher auch die Zustimmung des „Europa“-begeisterten Jünglings vor dem Reichstag (Foto).