Anzeige gegen die Bundesministerin für Auswärtige Angelegenheiten
Frau Annalena Charlotte Alma Baerbock
Ihr Aktenzeichen
Verfügung vom 24. Mai 2023, zugegangen am 31. Mai 2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Frau Bundesanwältin Gmel,
im Wege der Gegenvorstellung zu Ihrer Verfügung vom 24. Mai 2023 möchte ich auf folgendes hinweisen:
1.
Im Kern hat die Beschwerde gerügt, dass eine Prüfung der Tatbestandsalternative des § 80a StGB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr.2 VStGB – jenseits der Frage, ob ein Anfangsverdacht gem. § 80a StGB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 1 VStGB vorliegt – unterblieben ist. Wie aus Ihrer Verfügung vom 24. Mai 2023 zu interpretieren ist, könne schon deshalb der inkriminierten öffentlichen Äußerung der Bundesministerin für Auswärtige Angelegenheiten kein tatbestandlicher Sinngehalt zukommen, da die Beanzeigte diese Erklärung vor dem Hintergrund der Unterstützung der Ukraine, die ihrerseits das Selbstverteidigungsrecht aus Art. 51 UN-Charta für sich in Anspruch nehme, abgegeben habe. Das legt den Schluss nahe, dass Äußerungen, die ansonsten wegen ihres für Fremdstaaten provozierenden Charakters dem § 80a StGB unterfielen, dann nicht tatbestandsgeeignet sind bzw. sein können, wenn sie während eines laufenden militärischen Konflikts von einer Person des öffentlichen Lebens getätigt werden, solange dies als Teil einer Unterstützungshandlung im Sinne des Art. 51 UN-Charta verstanden werden kann.
2.
Der gerügte Sachverhalt ist allerdings ein anderer. In Hinsicht auf die beanzeigte Äußerung der Bundesministerin für Auswärtige Angelegenheiten geht es unter Zugrundelegung des in § 80a StGB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 StGB beschriebenen Handlungsschemas nicht etwa um eine Erklärung im unterstützenden Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland für die Ukraine, sondern um eine Erklärung, die sich an den Adressaten der Russischen Föderation wendet und das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation betrifft. Nach der Auffassung der Regierung der Bundesrepublik, wie auch des bundesdeutschen Außenministeriums, ist Deutschland bis dato nicht Kriegspartei. Hierzu beruft sich die Bundesregierung auf die Kautelen des Völkerrechts, wonach jedenfalls nach herrschender Meinung ein Staat erst dadurch zur Kriegspartei wird, wenn er selbst militärische Einheiten in das unmittelbare Konfliktgebiet entsendet. Nach eigener Lesart ist daher die Bundesrepublik Deutschland nicht Kriegspartei in einer militärischen Auseinandersetzung mit der Russischen Föderation. Wenn dem so ist, kommt aber der bezeichneten Äußerung der tatbestandliche Charakter im Sinne des § 80a StGB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 VStGB zu, denn sie ist angesichts ihres Inhalts geeignet, unmittelbar im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation die Gefahr einer Gewalteskalation heraufzubeschwören. Die russischen Reaktionen auf die besagte Äußerung hatten wir dargestellt – wobei zu bemerken ist, dass es anerkanntermaßen für die Tatbestandserfüllung nicht darauf ankommt, dass tatsächlich militärisches Handeln ausgelöst wird, dass es auch nicht auf eine faktische Auslösung einer Kriegsgefahr hinauslaufen muss, sondern allein darauf, dass die Äußerung geeignet ist, dem Frieden unter den Völkern abträglich zu sein.