Gegeninformation

Von Wera Richter

Die Marx-Engels-Stiftung diskutierte am vergangenen Wochenende in Wuppertal zu Ehren und mit Georg Polikeit über „Aufgaben, Möglichkeiten und Probleme linker Medienarbeit“. Polikeit war in bewegten Zeiten – von 1973 bis 1989 – Chefredakteur der damals täglich erscheinenden UZ. Im Juni ist der Journalist 90 geworden, was angesichts zunehmender Beschwerden kein Grund zum Feiern sei, wie er selbst betonte. Die Marx-Engels-Stiftung, deren Mitglied er seit „der ersten Stunde“ ist, sah das anders.

Neben Polikeit referierten Arnold Schölzel, langjähriger Chefredakteur der Tageszeitung „junge Welt“ und heute der Monatszeitschrift „Rotfuchs“, Dennis Simon, Redakteur bei „RT Deutsch“, und Heike Krämer, die einen Vortrag von Thomas Hagenhofer vortrug.

Polikeit berichtete aus einer Zeit des Aufbruchs und erfolgreicher Kämpfe, aus einer Zeit, in der die DKP mit einem „roten Blätterwald“ – neben der UZ erschienen unter anderem 200 Betriebs- und 80 Stadtteilzeitungen – in der Arbeiterklasse wirkte. Er berichtete aber auch über schwierige Zeiten, in denen angesichts aggressiven Antikommunismus die tägliche und kluge Gegeninformation nötig war. Über die Friedenspolitik der DDR konnte die UZ im O-Ton berichten, was hilfreich im Sinne der Aufklärung gewesen sei, erinnerte sich Polikeit. Aber dass das „allzu glatte Bild der DDR“, das die UZ damals gezeichnet habe, immer nützlich war, bezweifelt er heute. Kommunistische Presse müsse vor allem glaubwürdig sein.

Arnold Schölzel machte sich auf einen historischen Streifzug über die Aufgaben der imperialistischen Presse: Lügen verbreiten und Kriege machen. Er zeichnete die totale Pressekonzentration und ihre Verflachung nach, die Anpassung der Öffentlich-Rechtlichen an die Privaten dank Kohls SAT1-Gründung und schließlich die Rolle der Medien nach der Konterrevolution. „Das Volk knechten, ohne dass es zum Aufstand kommt“ – dafür braucht es publizistische Schützenhilfe. Folgerichtig machte es sich die „junge Welt“ nach 1989 zur Aufgabe, täglich eine Zeitung gegen Krieg und Sozialkahlschlag zu liefern.

Informationen gegen den Krieg liefert auch „RT Deutsch“. Dennis Simon, Redakteur des vom russischen Staat finanzierten Auslandssenders, referierte über die aggressive Mobilmachung gegen die Russische Föderation und die im Gegensatz dazu vernünftige Außenpolitik Putins. Damit kam er der Aufgabenstellung seines Senders nach. Auch wenn sich über Simons Einschätzung der Russischen Föderation als objektiv antiimperialistisch nicht alle Anwesenden einig waren, gab es keinen Dissens über die Notwendigkeit der Gegeninformation, zu der „RT Deutsch“ unbestreitbar einen Beitrag leistet.

Inwieweit bei dieser Aufgabe auch die sogenannten sozialen Medien helfen können, thematisierte der Vortrag von Thomas Hagenhofer „Social media – Datenkrake, Hasscommunity oder ‚Zerstörer der CDU‘?“, den Heike Krämer vortrug. Neben Chancen und Möglichkeiten, Informationen über die Netze zu verbreiten, befasste sie sich auch mit den Gefahren unter anderem durch die massive Ansammlung von Daten bei wenigen Konzernen. Auch bei Google & Co. stelle sich die Frage nach Vergesellschaftung.

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"Gegeninformation", UZ vom 25. Oktober 2019



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