Nach Streik bei Halberg Guss: Schließung der Gießerei in Leipzig ist vom Tisch

Gegen zwei Konzerne

Von Herbert Münchow

In Ost und West stand bei Halberg Guss in Saarbrücken und Leipzig 48 Tage lang alles still. Es zahlte sich aus. Die Münchener Firma „One Square Advisors“ übernimmt die Gießereien in Leipzig und Saarbrücken. Die angeblich schon in „Stein gemeißelte Schließung“ der Gießerei in Leipzig ist vom Tisch, auch der Stellenabbau in Saarbrücken. Es eröffne sich die Möglichkeit für einen Neuanfang, so die IG Metall. Damit endet ein historisch einmaliger Arbeitskampf zwischen dem bisherigen Eigentümer, der berüchtigten Prevent-Gruppe, und der Belegschaft beider Standorte. Es war ein Konflikt von Klasse gegen Klasse, von Lohnarbeit und Kapital.

Die Prevent-Gruppe hatte versucht, mit Lieferboykotts astronomisch höhere Preise zu erzwingen. Sie legte sich mit den großen Abnehmern an – hier besonders VW –, gefährdete Aufträge, wollte Konkurrenten durch Betriebsschließung ausschalten und trieb die Vernichtung der Existenzen der Beschäftigten sowie ihrer Familien voran.

Die Beschäftigten forderten einen Sozialtarifvertrag zur Bildung einer Qualifizierungsgesellschaft und eines von der Halberg Guss zu finanzierenden treuhänderischen Fonds. Damit sollten die Folgen des angekündigten Arbeitsplatzverlustes für die Belegschaft abgemildert werden. Neu war, dass in die Bildung dieses Fonds auch die Kunden, die großen Abnehmer, einzahlen sollten. Die Kolleginnen und Kollegen wollten nicht länger zuschauen, wie Prevent und VW den Konflikt zu ihren Lasten austragen. Ab jetzt, hieß es bei der IG Metall, „bestimmen die Beschäftigten und die IG Metall die Regeln und entscheiden, zu welchen Bedingungen ihre Arbeitskraft weiter zur Verfügung steht“. Die Verhandlungen scheiterten. Es kam zum unbefristeten Streik mit enorm hoher Zustimmung bei den Kolleginnen und Kollegen. Das Bewusstsein der eigenen Stärke wuchs.

Streikziel war es, die eigene Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Das gelang nur mit großer Disziplin, Mut, hohem Organisationsgrad und überwältigender Solidarität der breiten Öffentlichkeit nicht nur in Leipzig. Gleiche Ziele, der gleiche Gegner führten dazu, dass sich die Belegschaften an beiden Standorten nicht spalten ließen und sich gegen deren Ausbluten gemeinsam solidarisch zur Wehr setzten. Sie konnten nicht dulden, noch länger unbedeutendes Beiwerk einer Auseinandersetzung zwischen zwei Konzernen zu sein. „Wenn das durchgeht, wo kommen wir denn dahin?“, warf Bernd Kruppa, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig, die entscheidende Frage auf. Die Kolleginnen und Kollegen legten sich ganz bewusst mit industriellen Schwergewichten an. Die Stimmung war kämpferisch, auch bei denjenigen, die ursprünglich keine Beziehung zu den Gewerkschaften hatten.

Einen solchen Streik hat Sachsen noch nicht erlebt. Die massive Gegenwehr beeindruckte auch die Unternehmerseite. Sogar die Forderung nach Enteignung wurde erhoben (Lafontaine). So tief ging der Konflikt. Kämpfen lohnt sich – das wurde bewiesen. Nun geht es darum, in diesem Kampf nicht nachzulassen.

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"Gegen zwei Konzerne", UZ vom 7. Dezember 2018



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