Die Antragskommission konnte sich bei diesem Antrag nicht durchsetzen. Mit einer Stimme Mehrheit beschloss die Landesbezirkskonferenz Baden-Württemberg einen beachtenswerten Antrag zur Friedenspolitik von ver.di. Wir dokumentieren den Beschluss und Auszüge aus der Begründung. Vielleicht motiviert und inspiriert er Kolleginnen und Kollegen, in ihren Gremien für ähnliches einzutreten.
Die ver.di positioniert sich gegen Krieg, Aufrüstung und Waffenlieferungen. Wir fordern:
- Abrüstung statt Aufrüstung! Nein zum Sondervermögen!
- Keine ‚nukleare Teilhabe‘ der Bundesrepublik Deutschland! Nukleare Aufrüstung stoppen!
- Keine Waffenexporte!
- Keine Burgfriedenspolitik in der Gewerkschaft! Lohn- und Entlastungsforderungen sind und bleiben legitim und notwendig!
Begründung:
Krieg, Aufrüstung und Waffenlieferungen stehen einem friedlichen Zusammenleben entgegen. Sie widersprechen dem Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person, wie sie in der UN-Menschenrechtskonvention festgehalten sind.
Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 scheinen viele Selbstverständlichkeiten in Bezug auf eine friedenspolitische Haltung ins Schwanken zu geraten. Das betrifft gesellschaftliche Debatten, die Haltung politischer Parteien ebenso wie uns als Gewerkschaften. Unter Heranziehung des Arguments, dass es sich beim Ukraine-Krieg um einen Sonderfall handle, wurde ein massives Aufrüstungspaket von 100 Milliarden Euro beschlossen, was die Bundesrepublik zum Land mit dem drittgrößten Militärhaushalt weltweit macht. Zudem ist eine gesellschaftliche Debatte um Waffenexporte unter anderem schwerer Waffen entbrannt – diverse Waffenlieferungen wurden bereits genehmigt.
Uns als Gewerkschaften geht die Debatte um Krieg und Krise allerspätestens dann an, wenn gefordert wird, dass Lohn- und andere Forderungen, die wir in Arbeitskämpfen festlegen, angesichts der Krise zurückgestellt werden sollen. Hier heißt es, dass „wir alle“ angesichts der Krise den Gürtel eben etwas enger schnallen müssen. Es fällt schwer zu verstehen, welches „wir“ denn hier gemeint sein soll, wenn Unternehmen weiterhin hohe Dividenden ausschütten. Ein gemeinsames Interesse mit den Arbeitgebern gibt es für uns nicht! Eine Krise ändert nichts an dem fundamentalen Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.
In einem umfassenden Antrag wurde auf dem Bundeskongress 2019 die friedenspolitische Haltung von ver.di festgelegt. Hier heißt es unter anderem: „ver.di setzt sich für die Einhaltung und Verwirklichung der Menschenrechte ein, wie sie in der Deklaration der Vereinten Nationen niedergelegt sind. Die Würde des Menschen, ein Leben frei von Armut und Not in einer gerechten sozialen Ordnung, Demokratie und Freiheit sind für eine nachhaltige Sicherung des Friedens unabdingbar. Krieg als Mittel der Politik lehnt ver.di grundsätzlich ab. ver.di unterstützt alle Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft und ihrer zahlreichen Organisationen, von Regierungen wie Nichtregierungsorganisationen diese Ziele weltweit zu verwirklichen.“
Der Antrag E135 hält weiterhin fest, dass „alle Konflikte zwischen den Staaten (…) auf dem Wege der Verhandlung gelöst werden (müssen). Dies muss die Leitschnur deutscher Außenpolitik sein. Darin liegt die gewachsene Aufgabe Deutschlands.“ Kritisiert wurde im Antrag zudem das Vorhaben, das 2-Prozent-Ziel der NATO umzusetzen und die Rüstungsausgaben in der Bundesrepublik damit zu verdoppeln – wie wir wissen, wurde dieses Ziel nun sogar um ein Vielfaches überschritten. Die Bundesregierung hat mithilfe des Sondervermögens unter anderem die Beschaffung von sogenannten F-35-Kampfjets eingeleitet. Das Besondere an diesem Kampfjet ist, dass er mit Atomwaffen der US-Streitkräfte bestückt werden kann. Bis zu 20 solcher Atomwaffen lagern noch im rheinland-pfälzischen Fliegerhorst Büchel. Der F-35 sichert somit die „nukleare Teilhabe“ Deutschlands.