Linkspartei und DKP fordern, deutsche Zusammenarbeit mit Erdogan einzustellen

Gegen Erdogan – gegen die Bundesregierung

Von Markus Bernhardt

Solidarität

mit HDP-Abgeordneten

Im Zuge der jüngsten staatlichen Repressionswelle gegen die demokratische Oppositionspartei HDP in der Türkei ist auch der Abgeordnete Nihat Akdogan verhaftet worden, für den die Karlsruher Bundestagsabgeordnete Karin Binder (Linkspartei) im Rahmen des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ des Deutschen Bundestages eine Patenschaft übernommen hat. „Den verhafteten HDP-Abgeordneten gilt meine uneingeschränkte Solidarität. Ich kritisiere das Vorgehen des türkischen Präsidenten Erdogan auf das Schärfste. Die weitgehende Untätigkeit der Bundesregierung in Bezug auf die Menschenrechtsverletzungen und Verhaftungen in der Türkei muss ein Ende haben“, fordert Binder. Die Bundestagsabgeordnete spricht sich außerdem dafür aus, die Bundeswehr sofort aus der Türkei abzuziehen und sämtliche Waffenlieferungen zu stoppen. Auch die EU-Beitrittsverhandlungen mit Erdogans Türkei und die Zahlung von Beitrittshilfen an Ankara müssten beendet werden, so Binder weiter.

Infolge der Massenverhaftungen und -entlassungen und der brutalen Repression gegen Kurdinnen, Kurden und Linke fordert die Linkspartei, dass die deutsche Bundesregierung ihre Zusammenarbeit mit dem AKP-Regime einstellt.

„Wer meint, mit einer Diktatur Beitrittsverhandlungen weiterführen zu müssen, ist entweder völlig naiv oder bereit, jedes Verbrechen der türkischen Regierung hinzunehmen. Das ist nichts anderes als eine moralische Bankrotterklärung. Bundesregierung und EU müssen mit diesem Wahnsinn endlich aufhören“, erklärt Sevim Dagdelen, Sprecherin für Internationale Beziehungen der Linksfraktion, anlässlich des Türkeibesuches von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die Bundesregierung müsse endlich „ihre willfährige Unterstützung für das demokratiefeindliche Regime in der Türkei beenden“, forderte Dagdelen weiter. Angesichts des Umbaus der Türkei in einen islamistischen Unterdrückungsstaat, der sich unter der AKP zur Heimstatt des islamistischen Terrorismus für die ganze Region entwickelt habe, müssten die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei sofort gestoppt und die Visaliberalisierung auf Eis gelegt werden. Auch dürfe Erdogans Türkei nicht länger jährlich 630 Millionen Euro als EU-Vorbeitrittshilfe bekommen.

Dass die Bundesregierung tatsächlich klare Kante gegen Erdogan zeigen wird gilt aber als unwahrscheinlich. So hatte der Bundestag erst kürzlich die Ausweitung des gegen den selbsternannten „Islamischen Staat“ (IS) gerichteten Bundeswehreinsatzes beschlossen, zu dem auch die Stationierung von Soldaten auf dem türkischen Armeestützpunkt im türkischen Incirlik gehört. Auch sollen deutsche Awacs-Aufklärungsflugzeuge Luftangriffe gegen den IS in Syrien und im Irak unterstützen. Dass die Aufklärungsflugzeuge dabei auch Daten über kurdische Stellungen an die Türkei liefern, gilt dabei nicht als ausgeschlossen. Statt wie die EU Erdogans Krieg gegen die kurdische Bevölkerung in der Diktion Ankaras als ‚Antiterroreinsatz‘ zu verteidigen, müsse die Bundesregierung die deutschen Rüstungsexporte stoppen, die militärische Kooperation mit der Türkei beenden und die deutschen Soldaten aus Incirlik abziehen, fordert daher die Linkspartei. Statt der geplanten Verlängerung und Ausweitung des Anti-IS-Einsatzes müsse die Bundeswehr sofort aus der Türkei abgezogen werden, forderte deren Bundestagsabgeordneter Alexander S. Neu.

Ähnlich äußert sich auch der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele. Er erinnert daran, dass auch in Deutschland kurdische Aktivisten vor Gericht stünden, weil sie PKK-Funktionäre sein sollen. „Die PKK ist keine Terrororganisation, sie ist eine Kraft des Widerstands gegen Erdogan-Diktatur und IS-Terror. Solidarität mit den Demokraten der Türkei und dem kurdischen Volk heißt für uns: Kampf gegen das PKK-Verbot, Kampf gegen die Flüchtlingspolitik Merkels, Kampf gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung, die den Krieg in Syrien weiter anheizt. Die DKP ruft dazu auf, sich an den Aktionen zur Solidarität mit den Linken in der Türkei und der kurdischen Bewegung zu beteiligen“, stellt Köbele klar.

Wohin die politische Reise Erdogans tatsächlich geht, wurde erst kürzlich erneut deutlich. So berichteten mehrere Menschenrechtsorganisationen wie etwa Amnesty International über Folter und Misshandlungen von Gefangenen in der Türkei. All das ficht die Bundesregierung jedoch nicht an. Bei deutschen Rüstungsexporten ist die Türkei inzwischen von Platz 25 auf Platz 8 aufgestiegen. „Damit wird klar, dass Erdogan seinen schmutzigen Krieg gegen die Kurden auch mit deutschen Waffen führt. Die Bundesregierung kann nicht einmal ausschließen, dass deutsche Exportwaffen an islamistische Terrormilizen in der Region weitergereicht werden“, kritisiert Sevim Dagdelen die Politik der Bundesregierung.Markus Bernhardt

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"Gegen Erdogan – gegen die Bundesregierung", UZ vom 18. November 2016



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