Am 1. Oktober findet der dezentrale Aktionstag der Friedensbewegung bundesweit statt. UZ fragte Friedensaktivistinnen und -Aktivisten, warum man jetzt auf die Straße gehen muss. Franz Haslbeck vom Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus, Mitorganisator der Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz, sagt:
Wir gehen am 1. Oktober auf die Strasse, selbstverständlich nicht nur gegen die Neuausrichtung der deutschen Militärpolitik.
Die gigantischen 100-Milliarden für die Aufrüstung und zusätzlich künftig jährlich deutlich mehr als jeder 5. Euro des Bundeshaushalts in den Kriegsetat …
… haben mit dem Ukraine-Krieg, außer dass er als höchst willkommener Anlass herhalten konnte, NICHTS zu tun ! Vielmehr handelt es sich um eine zeitlich weit darüber hinaus gehende gigantische Aufrüstung Deutschlands, das dadurch vorbeizieht an Frankreich, Großbritannien, Indien, Saudi-Arabien und Russland, zur weltweit dauerhaft drittgrößten Militärmacht hinter USA und China. Seit vielen Jahren wird dafür über die Münchner (Un-)Sicherheitskonferenz Lobbyarbeit der deutschen Rüstungsindustrie gemacht, mit Parolen wie „globale Verantwortung“ und „Sicherung des Zugangs der deutschen Wirtschaft zu Bodenschätzen“. Man erinnert sich vielleicht noch dunkel: dafür dass er genau das (zu früh) offen ausgesprochen hatte, musste Bundespräsident Horst Köhler seinen Hut nehmen.
Damals war die breite Masse noch nicht reif dafür, man war immer noch kriegsmüde von 2 selbst verschuldeten Weltkriegen. Nun ist die Masse medial und propagandistisch sturmreif geschossen und bereit, sich in das dritte ganz große Abenteuer zu stürzen.
Es geht diesmal nicht um Lebensraum, sondern um die nicht versiegende Versorgung mit Bodenschätzen, damit der Laden weiter brummt. Das ist die Wahrheit hinter dem absolut verantwortungslosen Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung.
Die gigantischen Summen, die nun in den nächsten Jahren in den Kriegsetat und eine nur mehr als Wahnsinn zu bezeichnende Aufrüstung gepumpt werden, fehlen selbstverständlich überall sonst, wo das Gemeinwesen wirklich dringend gefragt wäre.
Wir sehen uns einerseits einer sich massiv verschärfenden sozialen und de facto systemischen Krise ausgesetzt, in der sich weite Teile auch der vorgeblich immer noch so „reichen“ Bevölkerung dieses Landes ihr tägliches Über-Leben nicht mehr leisten können, während ein hoher Anteil jetzt schon nicht mehr weiss, wie er über die Runden kommen soll. Die bisher geplanten Entlastungen sind weder zielgerichtet und erst recht nicht ausreichend.
Das immer schon falsche kapitalistische Narrativ des „Wohlstands für alle“, das die Massen mit Konsum korrumpiert hat, während sowohl unsere natürlichen Ressourcen als auch zahllose Menschen in anderen Regionen der Erde immer rücksichtsloser ausgebeutet wurden, hat endgültig ausgedient. Alles für das Dogma des ewigen Wachstums der Kapitalakkumulation auf Basis von Ausbeutung, Betrug und Raubbau, und zu Lasten von Mensch und Natur.
Gleichzeitig, das ist untrennbar damit verbunden, sehen wir uns einer immer exzessiveren Verschärfung nicht nur der Klimakatastrophe sondern ökologischer Katastrophen ausgesetzt. Wir überschreiten einen Kipppunkt nach dem anderen, wodurch immer mehr der menschliches Leben auf unserem Heimatplanteten existentiell bedrohenden Veränderungen bereits jetzt unausweichlich geworden sind.
Und es ist bis auf weiteres kein Ende der zerstörerischen Politik in Sicht.
Selbst das Erreichen von Klimaneutralität, erklärtermassen ohnehin erst in einigen Jahrzehnten, würde lediglich keine weiteren Verschärfungen bedeuten, aber noch lange keine Verbesserungen oder gar Umkehr.
Die soziale und die ökologische Frage werden bewusst hintan gestellt und eine dringend fällige sozial-ökologische Zeitenwende wird auch von der Ampel-Koalition nicht einmal im Ansatz angegangen.
Dieser Spannungsbogen muss hergestellt, gesehen und adressiert werden.
Unser Protest muss ein gemeinsamer sein, der niemanden zurück lässt und der tatsächlich über die politisch verursachten, systemischen Krisen hinweg in die Zukunft weisen kann.
Statt einer militärischen brauchen wir eine sozial-ökologische Zeitenwende!
Mehr Informationen unter: verhandeln-statt-schiessen.de