Über Ostern traf sich die SDAJ in Nürnberg zu ihrem 26. Bundeskongress. UZ berichtete in der Ausgabe vom 5. April. Nun sprach sie mit Andrea Hornung, wiedergewählte Vorsitzende der sozialistischen Jugendorganisation, über den Kongress und die Beschlüsse.
UZ: Herzlichen Glückwunsch zu deiner Wiederwahl als Bundesvorsitzende der SDAJ! Hinter euch liegt ein dreitägiger Bundeskongress. Was war für dich besonders wichtig?
Andrea Hornung: Ich war sehr beeindruckt von den Diskussionen auf dem Kongress. Die Referatsdiskussion war die beste, die ich in meiner SDAJ-Zeit erlebt habe. Wir hatten viele kollektiv vorbereitete Beiträge mit Erfahrungsberichten aus Schul- und Betriebsgruppen, in den Gewerkschaftsjugenden, aus der Palästina-Solidaritätsarbeit, aus der für uns neuen Arbeit mit Sekretariaten in Landesleitungen. Trotzdem haben wir es auf dem Bundeskongress auch geschafft, in Diskussionen aufeinander zu reagieren, uns gegenseitig zu überzeugen.
Und: Wir haben mehr über politische Fragen diskutiert, zum Beispiel über die Verfasstheit des deutschen Imperialismus. Die Disziplin der Delegierten war hoch – und das obwohl die Hälfte von ihnen erst nach dem letzten Bundeskongress in die SDAJ eingetreten ist.
UZ: Ihr habt ein neues Zukunftspapier beschlossen. Kannst du die Bestandteile umreißen und auch sagen, worum es die Hauptdiskussionen gab?
Andrea Hornung: Das Zukunftspapier ist unsere programmatische Grundlage. Darin analysieren wir im ersten Abschnitt den Kapitalismus unserer Zeit, den Imperialismus. Im zweiten Abschnitt formulieren wir unsere Forderungen in Form von Grundrechten der Jugend. Im dritten Abschnitt beschreiben wir dann unseren Weg zum Sozialismus und unsere Rolle und Aufgabe als SDAJ.
Das letzte Zukunftspapier war bereits zwölf Jahre alt und musste an einigen Stellen aktualisiert werden. Auf dem Bundeskongress haben wir zum Beispiel darüber diskutiert, ob wir einen weiteren Abschnitt zur Krise der Demokratie als einer Seite der allgemeinen Krise des Kapitalismus benötigen – und uns angesichts des aktuellen Abbaus demokratischer Rechte dafür entschieden.
Wir haben darüber beraten, was unsere Aufgabe in Reformkämpfen ist und haben festgehalten, dass in diesen die beste Voraussetzung besteht, um Klassenbewusstsein und Klassenorganisation zu schaffen. Der Diskussionsprozess um die Aktualisierung war gut organisiert und dauerte von der Diskussion über die Schlagrichtung über die Texterarbeitung bis zum Beschluss zweieinhalb Jahre.
UZ: Welche Bedeutung hat das Papier für die SDAJ und wie wollt ihr damit arbeiten?
Andrea Hornung: Das Zukunftspapier enthält wesentliche strategische und taktische Überlegungen der SDAJ. Wir nutzen es, um unsere Rolle und Aufgabe als revolutionärer Jugendverband zu bestimmen und um unsere Diskussionen, unsere Arbeit und Kämpfe, unsere Organisation daran zu messen und zu orientieren. Es ist Grundlage für unsere Arbeit in Bündnissen und Material unserer Bildungsarbeit. Wir wollen das Zukunftspapier aber auch nach außen nutzen, Lesezirkel und Seminare dazu machen und mit Bündnispartnern in die Diskussion kommen.
Mit dem Zukunftspapier können wir aufzeigen: Die SDAJ, das sind nicht nur verlässliche Bündnispartner, Kolleginnen und Kollegen oder Mitschüler, sondern wir haben auch ganz konkrete Vorstellungen davon, wie die Grundrechte der Jugend erkämpft und verteidigt werden können, wie sich diese Gesellschaft ändern lässt.
UZ: In der Diskussion zur Handlungsorientierung, die nicht weniger als 40 Aufgaben beschreibt, gab es eine Debatte um „gewinnbare Kämpfe“. Auf welche Kämpfe orientiert die SDAJ?
Andrea Hornung: Wir orientieren auf Kämpfe für die Verbesserung der Situation der lernenden und arbeitenden Jugend – in Tarifrunden, in demokratischen Bewegungen, an Schule und Betrieb, in der Kommune. Wir stehen vor dem Problem, dass viele Jugendliche resigniert sind: In der Schule lernen wir nicht, dass wir die Welt zu unseren Gunsten verändern können. Fehlende Erfahrungen, wie wir unsere Interessen gegen die Herrschenden durchsetzen können, tun ihr Übriges. Mit resignierten Jugendlichen, die meinen, dass man die Welt eh nicht verändern könne, ist aber kein Klassenkampf zu führen, geschweige denn der Kampf für den Sozialismus.
Um zu zeigen, dass wir gemeinsam etwas erreichen können, dass der gemeinsame Kampf sich lohnt, wollen wir unter den aktuellen Bedingungen mehr solche Kämpfe führen, die Aussicht auf Erfolg haben – wie zum Beispiel bei der Durchsetzung von mehr Schulbuslinien, die Schülerinnen und Schüler in Dortmund erreicht haben. Im Ergebnis gibt es dort nun eine der wahrscheinlich aktivsten und kämpferischsten Schülervertretungen in ganz Deutschland, die bereit ist, weitere Kämpfe aufzunehmen.
UZ: Eine große Rolle spielte die internationale Solidarität – ganz aktuell mit Palästina, aber auch mit Kuba. Was wurde beschlossen?
Andrea Hornung: Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten weiter in Solidarität mit Palästina auf die Straße gehen – das ist unsere internationalistische Pflicht. In offenen Treffen wollen wir über den Genozid in Palästina aufklären, Aktionen planen und gegen die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit vorgehen.
Der wichtigste Bezugspunkt unserer internationalen Solidaritätsarbeit ist das sozialistische Kuba, das seit 1959 allen Angriffen des Imperialismus widersteht. Im letzten Jahr haben wir die ersten Kuba-Solidaritätsbrigaden seit zehn Jahren durchgeführt. Mit 50 Jugendlichen sind wir nach Kuba geflogen, hatten die Chance, uns mit kubanischen Jugendlichen und der UJC auszutauschen, den Sozialismus mit all seinen Errungenschaften ebenso wie die Auswirkungen der menschenrechtswidrigen Blockade zu erleben. Wir haben beschlossen, dass wir solche Brigaden künftig alle zwei bis vier Jahre durchführen wollen. Wir wollen außerdem das „Proyecto Tamara Bunke“ an der Universität von Havanna gemeinsam mit der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba wieder stärken – wer Lust hat, für sieben Monate den kubanischen Sozialismus kennenzulernen, kann sich gern melden!
UZ: Als neues Arbeitsfeld habt ihr die Arbeit an Hochschulen beschlossen. Was hat euch dazu veranlasst?
Andrea Hornung: Mittlerweile studiert ein relevanter Teil der Jugendlichen, auch aus der Arbeiterklasse. Diesen machen wir bisher kaum ein Angebot, bei uns aktiv zu werden. Und auch unsere Mitglieder, die studieren, wollen dort aktiv sein, wo sie tagtäglich viel Zeit verbringen – dafür brauchen sie aber die Unterstützung des Kollektivs. Deshalb wollen wir in ersten Gruppen auch an der Hochschule arbeiten. Gute Erfahrungen haben wir zum Beispiel in Kassel mit der Palästina-Solidarität an der Universität gemacht oder in mehreren anderen Städten beim TVStud. Dabei ist aber klar: Unser Schwerpunkt liegt weiterhin auf der Arbeit an Schule und Betrieb. An der Hochschule wollen wir vor allem auf eine gewerkschaftliche Orientierung setzen und uns nicht in Gremienarbeit verlieren.
UZ: Pfingsten steht vor der Tür. Wo trifft sich die SDAJ?
Andrea Hornung: Wir machen in diesem Jahr vier Camps: Das Nordcamp in der Nähe von Kiel, das Ostcamp in der Nähe von Bayreuth, das Südcamp in Zwingenberg am Neckar und das Westcamp in der Nähe von Münster. Geplant sind politische Workshops, aber auch gemeinsame Freizeitgestaltung und Konzerte – wir freuen uns über Besuch!