Jahrelang wurde über eine Neuregelung von Werkverträgen und Leiharbeit diskutiert, dann sollte es plötzlich sehr schnell gehen. Am 21. Oktober nahm der Bundestag die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs vor und verabschiedete es mit den Stimmen von SPD und CDU und gegen die Stimmen von der Partei „Die Linke“ (PDL) und den Grünen. Wichtigster Bestandteil des Gesetzes ist: Leiharbeiter sollen nach neun Monaten Beschäftigung in einem Betrieb den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbelegschaft. Die Höchstüberlassung wurde auf 18 Monate begrenzt. Die Begrenzung ist nicht auf den Arbeitsplatz im Betrieb bezogen, sondern auf die Leiharbeitskraft. Die Unternehmen können also auch in Zukunft Arbeitsplätze dauerhaft mit Leiharbeitskräften besetzen. Da zwei Drittel der fast eine Million Leiharbeiter weniger als neun Monate beschäftigt sind, verbessert sich ihre Lage nicht.
Die SPD lobte das Gesetz. Arbeitsministerin Andrea Nahles sagte: „Wir konzentrieren die Leiharbeit wieder auf ihre Kernfunktion und stärken die Leiharbeiter.“ Staatssekretärin Anette Kramme (SPD) behauptete in der Bundestagsdebatte, das Gesetz setze „neue Leitplanken bei der Bezahlung und bei der Überlassungshöchstdauer von Leiharbeitnehmern.“ CDU und CSU lobten das Gesetz ebenfalls, da es die Leiharbeit nicht verdamme. In einem Punkt waren sich fast alle Redner einig: Durch das Gesetz werde die Tarifautonomie und die Sozialpartnerschaft gestärkt. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Karl Schwierling sagte: „Wir machen hier auch etwas, worauf wir als Koalition großen Wert legen: Wir stärken die Tarifautonomie. Wir lassen nämlich Ausnahmen nur zu, sofern tarifvertragliche Vereinbarungen dies ermöglichen.“ Durch Ausnahmen in Tarifverträgen kann erst nach 15 Monaten der gleiche Lohn bezahlt werden. Die Höchstüberlassungsdauer kann auf bis zu 24 Monate ausgedehnt werden.
Lediglich die Abgeordnete Jutta Krellmann (PDL) kritisierte die Regelungen und die weiterhin schwachen Rechte der Betriebsräte. Sie wehrte sich gegen die Darstellung, das Gesetz sei im Interesse der Beschäftigten: „Ich selbst bin seit 44 Jahren Mitglied der Gewerkschaft. Wenn ich von Ihnen höre, dass ‚die Gewerkschaften‘ das eingefordert haben, dann schwillt mir der Kamm. Sich bei den Gewerkschaftsvorsitzenden im Ministerium die Zustimmung zu holen, bedeutet nicht, dass gleichzeitig alle Gewerkschaftsmitglieder diese Positionen mittragen. Hören Sie auf, ständig Millionen Beschäftigte für Ihre Interessen zu vereinnahmen!“ Sie kritisierte auch die Verlagerung in dieser Frage auf Tarifverträge, da sie nicht zu besseren, sondern zu schlechteren Regelungen führen werden, was nicht der Sinn von Tarifverträgen sei. Das werde sich „gegen die Gewerkschaften wenden.“
Ihr Fraktionskollege Klaus Ernst kritisierte das Gesetz als „Etikettenschwindel“, verlegte sich aber auf die Ermöglichung der Flexibilisierung durch befristete Arbeitsverträge und sendete rot-rot-grüne Signale aus. An die SPD gerichtet sagte er: „Sie waren ja mal auf dem richtigen Weg; in Ihrem Wahlprogramm steht ja das Ziel ‚Gleicher Lohn bei gleicher Arbeit‘. Das ist eine sinnvolle Lösung. Ich weiß, ihr wolltet eine andere Lösung.“ Der DGB bezeichnet das Gesetz als „ersten Schritt“ und hofft, „tarifvertragliche Gestaltungsräume“ nutzen zu können, um „maßgeschneiderte Modelle für den Einsatz von Leiharbeit zu entwickeln.“ Er fordert die Koppelung der Gleichbezahlung und Begrenzung an den Arbeitsplatz. Die IG Metall lobte das Gesetz, es bringe Verbesserungen für Leiharbeiter und Werkvertragsbeschäftigte. Man habe sich mehr Mitbestimmungsrechte erhofft und werde nun „an betrieblichen und tariflichen Lösungen arbeiten“. Das Gesetz sei „eine gute Basis“, die Beschäftigten der Leiharbeit „auch in Zukunft tarifpolitisch wirksam zu vertreten.“
In der Debatte wurde kritisiert, dass auch nicht tariflich gebundene Betriebe durch Bezugnahme auf Tarifverträge den Grundsatz der Gleichbezahlung umgehen können. Der Arbeitsrechtler Rolf Geffken sagte bereits zum Gesetzentwurf: „Sollten die DGB-Gewerkschaften sich entgegen ihrer bisherigen Praxis nicht als ‚Sozialpartner‘ erweisen, so bliebe den Unternehmen immer noch die Installation willfähriger Betriebsräte.“ Das Gesetz insgesamt verschlechtere die Lage der Leiharbeiter und verstärke „die Instrumentalisierung von Gewerkschaften und Betriebsräten für die Ziele der Unternehmer.“