„Wir lassen uns nicht kaputtsparen, feministisch kämpfen jetzt!“ – auf dieses Motto hat sich die bundesweite Vernetzung „Feministischer Streik“ geeinigt. Sie ist die zurzeit mobilisierungsfähigste Vernetzung der Frauenbewegung in Deutschland. Bereits beim bundesweiten Treffen im Juni 2023 vereinbarten die Aktivistinnen, die Angriffe auf die Öffentliche Daseinsvorsorge im Zuge der Aufrüstungspolitik zum Thema des Internationalen Frauentags 2024 zu machen.
Im Stuttgarter Aufruf des Aktionsbündnisses 8. März, das Teil der bundesweiten Vernetzung ist, werden die Angriffe auf die Daseinsfürsorge, die Auswirkung auf Frauen und die Ursachen klar benannt. In den „elementarsten Bereichen unserer Gesellschaft“ werde gekürzt: Bei der „Gesundheitsversorgung, beim Bürgergeld, in der Bildung, der Sicherung eines würdevollen Lebens im Alter und bei Kindern“. Wohnungsbau, Energie- und Wasserversorgung sowie immer mehr soziale Einrichtungen würden privatisiert. „Klassische Frauenberufe“ wie im Gesundheitswesen oder in der Reinigungsbranche seien davon betroffen. „So werden diese Tätigkeiten in noch prekärere Arbeitsverhältnisse ausgelagert – häufig an ausländische oder migrantische Arbeitnehmer:innen.“ Es werde mehr Geld in Waffen und Krieg als in Soziales investiert. „Dieses kapitalistische und patriarchale System kann keine Daseinsfürsorge für alle bieten.“
Alle abhängig Beschäftigten sind auf die öffentliche Daseinsvorsorge und gut ausgebildete Fachkräfte wie (Kranken-)Pflegerinnen, Sozialarbeiterinnen, Erzieherinnen und Lehrerinnen angewiesen. Ohne sie kann keine Gesellschaft funktionieren. Trotzdem sind genau diese chronisch unterfinanziert, die Löhne viel zu niedrig, der Personalmangel hoch und die Arbeitsbedingungen katastrophal. Es sind Bereiche, in denen mehrheitlich Frauen arbeiten, es sind Bereiche, auf die die Frauen angewiesen sind, tragen sie doch immer noch die Hauptlast von Kinderbetreuung und Pflege. So führen zum Beispiel verkürzte Öffnungszeiten von Kitas oder mehrmalige Schließtage im Monat aufgrund von Personalmangel dazu, dass Frauen ihre Arbeitszeiten verkürzen müssen oder gar ihren Job verlieren, weil sie nicht zur Arbeit können.
Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen in Baden-Württemberg aktuell rund 57.600 Kitaplätze und 16.800 Fachkräfte. Eine Folge des „Kaputtsparens“ der öffentlichen Daseinsfürsorge. Oder schauen wir auf die Situation der Frauenhäuser, die wichtige Schutzräume für von Gewalt betroffenen Frauen bieten. Rund 6.800 Frauenhausplätze gibt es hierzulande, es fehlen mindestens weitere 14.000. Das heißt, wir bräuchten mindestens dreimal so viele. Auch hier wird gespart – mit oft tödlichen Folgen, weil es keine Plätze gibt, wo Frauen untergebracht werden können, die von häuslicher Gewalt bedroht sind.
Die aktuelle politische und gesellschaftliche Stimmung zeigt, dass zunehmend rechte Ideologien als vermeintliche Antworten auf Kriegs- und Krisenerscheinungen dienen. „Rechte und reaktionäre Weltbilder richten sich auch direkt gegen Frauen (…). Während Frauen ausschließlich in die Rolle als Hausfrauen und Mütter gedrängt werden sollen, wird die Existenz von trans, inter und nichtbinären Personen verleugnet. Deshalb ist es jetzt wichtiger denn je, aktiv und sichtbar gegen den Rechtsruck vorzugehen und für eine solidarische Gesellschaft weiterzukämpfen“, heißt es im Stuttgarter Aufruf.
Den Aktivistinnen ist bewusst, dass es in ihrer Hand liegt, die Welt zu verändern. Denn die Arbeit, die sie in der Gesellschaft leisten, bringt auch eine Machtposition mit sich: „Mit der Verweigerung unserer Arbeit können wir den Alltag direkt stören und damit unseren Forderungen Nachdruck verleihen.“ Dabei gehe es um mehr als Demonstrationen, denn: „Wenn wir streiken, steht die Welt still (…). Gemeinsam gehen wir auf die Straße für kostenlose und ausreichende Kitaplätze, für eine Rekommunalisierung der öffentlichen Daseinsfürsorge, gegen weltweite Kriege sowie für eine geschlechtergerechte Verteilung von Haus- und Sorgearbeit, feministische Gesundheitsversorgung und körperliche Selbstbestimmung. Als feministische Streikvernetzung machen wir uns auf den Weg zum feministischen Generalstreik, denn dieser ist dringend nötig und wird nur gemeinsam gelingen.“ Unter diesen Forderungen ist eine gemeinsame Demonstration von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, Antifaschisten, von Sozialabbau Betroffenen und Friedensfreunden möglich.
In einigen Städten wird es Frauenstreiks geben, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie in den vergangenen zwei Jahren. Diese Frauenstreiks sind wichtig, um den Internationalen Frauentag zu stärken und zu bereichern. Denn: Frauenkämpfe sind Klassenkämpfe.