In der vergangenen Woche tagten im russischen Ufa die Staatschefs der BRICS- Staaten und der Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Am ersten Tag konferierten die Repräsentanten der BRICS-Staaten, also Brasiliens, Russlands, Indiens, Chinas und Südafrikas. Es handelt sich dabei um die größten und bedeutendsten Schwellenländer. In ihnen leben etwa 42 Prozent der Weltbevölkerung. Ihr Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung beträgt gut 20 Prozent – bei schnell wachsender Tendenz. Das ökonomische Schwergewicht unter ihnen ist China, das nach den USA den zweiten Platz in der Welt hinsichtlich der Wirtschaftsleistung belegt. Russland ist eine Rohstoff- und insbesondere Energiegroßmacht. Das besondere politische Gewicht Russlands und Chinas hängt damit zusammen, dass sie als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats UN-Veto-Mächte sind. Sie gehören zugleich, wie auch Indien, zum Kreis der über Atomwaffen verfügenden Mächte.
Alternativen zu den westlich dominierten Organisationen auf.“
Als wichtigstes Ergebnis ihres diesjährigen Gipfels beschlossen die Führer der BRICS-Staaten die „Deklaration von Ufa“. Darin werden die Positionen der Teilnehmerstaaten zu den politischen und wirtschaftlichen Problemen in der Welt und den Wegen zu ihrer Lösung dargelegt.
Als weitere gemeinsame Dokumente wurden ein konkretisierter Aktionsplan für das kommende Jahr sowie die Strategie der ökonomischen Partnerschaft der BRICS bis 2020 beschlossen. Bei letzterer geht es um die Erweiterung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Ziel einer beschleunigten sozial-ökonomischen Entwicklung der BRICS-Staaten und der Erhöhung ihrer Konkurrenzfähigkeit auf den Weltmärkten, um die Vertiefung der Beziehungen im Energiebereich, auf dem Feld der Hochtechnologien, in der Landwirtschaft, in Wissenschaft und Bildungswesen.
Desweiteren wurden eine Übereinkunft der Regierungen zur kulturellen Zusammenarbeit sowie ein Memorandum zwischen den Außenministerien über die Einrichtung einer gemeinsamen Internetseite als virtuelles Sekretariat des Staatenbündnisses unterzeichnet. Außerdem wurde eine Übereinkunft zwischen der Nationalen Bank für sozialökonomische Entwicklung Brasiliens, der russischen Bank für Außenwirtschaft, der Export-Import-Bank Indiens, der Staatsbank für Entwicklung Chinas und der Bank für Entwicklung Südafrikas zur Zusammenarbeit mit der Neuen Bank für Entwicklung getroffen. Die neue Bank soll bereits Anfang nächsten Jahres mit ersten Investitionen beginnen.
Die Bedeutung der jüngsten Entwicklungen der BRICS und ihres Gipfels in Ufa wurde übrigens auch bereits in dessen Vorfeld in einem bemerkenswerten, von Cynthia Roberts, Dozentin am College Hunters in New York verfassten Beitrag der US-Zeitung „The National Interest“ unterstrichen. Darin stellt die Autorin fest: „Auf dem Treffen der Spitzenpolitiker Brasiliens, Russlands, Indiens, Chinas und Südafrikas zeigt Russland diese Woche in Ufa nicht nur, dass es nicht durch die westlichen Sanktionen isoliert ist. Dieser Gipfel zeigt die Verwandlung des BRICS-Klubs in ‚ein Konzert großer Mächte‘, die auf die eigenen Prioritäten und nicht auf die Prioritäten Washingtons oder Brüssels konzentriert sind.“
Die Entwicklung werde durch eigene Institutionen bekräftigt, die parallel zu den Organisationen des prowestlich orientierten Bretton-Woods-Systems funktionieren werden. BRICS verkünde die Gründung der Neuen Entwicklungsbank. Daneben werde ein Pool von Devisenreserven eingerichtet. Mit dem Pool könnten sich die Zentralbanken der BRICS-Länder bei Liquiditätsengpässen mit Dollars versorgen. Die BRICS-Staaten planten zudem die Gründung einer Ratingagentur, eines russisch-chinesischen Venturefonds sowie die Abwicklung von Devisenswaps und die Erweiterung der Mechanismen für den Handel in den Nationalwährungen, schreibt die Wissenschaftlerin weiter.
neue Widersprüche in die SOZ tragen.“
Die fünf Schwellenländer, so Roberts, haben gemeinsame Ziele. Obwohl sie die US-Hegemonie nicht offen attackierten, stellen sie die Führungsrolle des Westens in der Weltwirtschaft in Frage, vor allem seit der Weltwirtschaftskrise 2008. Teilweise sei der Westen selbst daran schuld, dass sich eine neue globale Weltwirtschaftsarchitektur entwickelt, stellt die US-Autorin resümierend fest.
Im Anschluss an das Gipfeltreffen der BRICS fand der Gipfel der Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) statt. Die SOZ, die 2001 gegründet wurde und aus der 1996 gegründeten „Shanghai-Fünf“ hervorgegangen ist, gehörten vor dem Gipfel in Ufa als Mitgliedstaaten China, Kasachstan, Kirgistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan an. In Ufa wurde nun beschlossen, Indien und Pakistan als zusätzliche Mitglieder aufzunehmen.
Damit nimmt das internationale Gewicht der SOZ weiter zu. Dies nicht nur unter dem Gesichtspunkt des noch größeren Anteils an der Weltbevölkerung und der Wirtschaftsleistung der Organisation, sondern auch dadurch, dass ihr neben Russland und China zwei weitere Staaten aus dem Klub der Atommächte angehören. Allerdings können mit dieser Erweiterung auch zusätzliche Risiken für die Stabilität der SOZ entstehen. Zwischen den beiden neuen Mitgliedern bestehen seit langem Gebietsstreitigkeiten und gespannte Beziehungen. Widersprüche gibt es zudem auch in den Beziehungen zwischen Indien und China und die Gefahr, dass Washington diese für seine antichinesische Strategie nutzen kann. Außerdem wurde in Ufa der Kreis der Beobachterstaaten bei der SOZ um Belarus und die Zahl der Dialogpartner der SOZ um mehrere Länder erweitert.
Interesse an der Aufnahme in die SOZ oder festerer Beziehungen zu ihr haben etwa ein Dutzend weiterer Staaten, darunter der Iran, Afghanistan, die Türkei und wie verlautet auch die Ukraine bekundet. Auch darin zeigt sich die Attraktivität der SOZ. Allerdings würde mit einer zu schnellen und zu umfangreichen Erweiterung aber auch die Gefahr steigen, dass zusätzliche Widersprüche und Sprengstoff in die SOZ getragen werden könnten. Dass Washington Interesse daran haben dürfte liegt auf der Hand.
Das Gipfeltreffen der SOZ endete mit der Annahme eines Pakets von Dokumenten, darunter der „Strategie zur Entwicklung der SOZ bis 2025“.