Gegen deutsche Konzerne

Lucas Zeise zu den Russlandsanktionen der USA

Die deutsch-US-amerikanische Freundschaft war schon herzlicher. Jetzt geht es nicht mehr um Lippenbekenntnisse zum freien Welthandel, sondern um reale Geschäfte. Und oh Wunder, jetzt sind sich die sonst so zerstrittenen Politiker von Demokraten und Republikanern einig. Parteiübergreifend wurde vom US-Kongress fast einstimmig ein Gesetz verabschiedet, das die Sanktionen gegen Russland verschärft und den Präsidenten daran hindert, die beschlossenen Sanktionen ohne Zustimmung des Parlaments zu mildern. Der Vorgang macht deutlich, dass die „America-first“-Politik Donald Trumps parteiübergreifend an ihm vorbei umgesetzt wird. Der russische Präsident hat Recht, wenn er Trump als schwachen Präsidenten beurteilt.

Natürlich geht es bei den Sanktionsbeschlüssen auch um Russland, das sich unbotmäßig verhält und dessen Regierung alberner Weise vorgeworfen wird, sich in den US-Wahlkampf eingemischt zu haben. Es geht aber mindestens so sehr auch um Deutschland und seine EU. Denn anders als bei der ersten Welle der Sanktionen 2014 durch die NATO will dieses US-Gesetz Unternehmen außerhalb der USA zwingen, keine Geschäfte mehr mit Russland zu machen. Wer es dennoch tut, kann damit rechnen, dass ihm der Zugang zum US-Markt verwehrt wird. Wir haben es hier mit dem klassischen imperialistischen Verhalten gegenüber unliebsamer Konkurrenz zu tun. Nur der Stärkste kann so mit Erfolg handeln. Die USA können es. Sie haben es oft schon praktiziert. Das letzte Mal im großen Stil, als es um die Isolierung des Iran ging. Deutsche Unternehmen wurden gezwungen, ihre Geschäfte mit dem Iran zu kappen, ja sogar, ihre iranischen Aktionäre loszuwerden. Das Ganze wird vermutlich auch dieses Mal funktionieren, weil für fast alle deutschen Konzerne der US-Markt so ungleich wichtiger ist als der russische.

Gefährlicher für sie ist die Behinderung der Gaslieferungen aus Russland. Explizit wollen die US-Abgeordneten den Ausbau der Pipeline aus Russland durch die Ostsee verhindern. Das billige und zuverlässig gelieferte Erdgas aus Russland ist ein Standortvorteil für deutsche und mitteleuropäische Konzerne. Ihn einzuebnen und zugleich den Gasüberschuss aus dem Fracking auf dem europäischen Markt einzuführen, ist ein lohnendes Ziel der US-Politik. Der US-Kongress hat so vermutlich den entscheidenden Dreh gefunden, um die protzige Position der riesigen deutschen Exportüberschüsse abzubauen.

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"Gegen deutsche Konzerne", UZ vom 4. August 2017



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