DKP-Wahlkampf trotzt EU-Kampagne von Kapital und Kabinett

Gegen den Trend

Von Wera Richter

Tretet ihr bei den Wahlen an? Wir müssen das wissen, weil wir da sonst nicht hinzugehen brauchen“, schreibt ein Ehepaar aus Dresden. Aus dem Erzgebirge kommt eine E-Mail mit der Bitte um 100 Wahlprogramme. In dem Ort, wo der Genosse – „Ich habe nie aufgehört Kommunist zu sein“ – lebt, gibt es keine DKP-Gruppe. Darum will er unsere Position unter die Leute bringen. Nach gründlicher Lektüre des EU-Wahlprogramms, schreibt ein Berliner, denkt er über eine Mitgliedschaft nach. Es gibt eine Reihe solcher Zuschriften, viele aus Ostdeutschland.

Münster

Münster

( DKP)

Sie sagen Europa und meinen EU

Damit hat sich der Wahlkampf schon gelohnt. Kein „Business as usual“ sei dieser EU-Wahlkampf, hatte der Parteivorsitzende Patrik Köbele mehrfach gemahnt. Der Europa-Parteitag der Linkspartei, die sich nicht mehr dazu durchringen konnte, die EU als „militaristisch, undemokratisch und neoliberal“ zu kennzeichnen, gab einen Vorgeschmack. Die massive Europa-Kampagne der DGB-Gewerkschaften zum 1. Mai und danach war die Fortsetzung. Verschiedene Organisationen, darunter antirassistische Gruppen, mobilisierten für das vergangene Wochenende im ganzen Land zu Demonstrationen „Ein Europa für alle – deine Stimme gegen Nationalismus“. Ständig wurde suggeriert die EU sei Europa, und wer dagegen sei, habe nur Schlagbäume im Kopf. CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne rühmten das kriegerische Bündnis als Friedensprojekt und Garanten für soziale Gerechtigkeit. Die Deutsche Bahn bedrängte die Reisenden mit Friedenstaube im EU-Look. Die Kampagne für die EU war massiv und kann getrost als Zeichen der Angst vor ebenso massivem Vertrauensverlust gewertet werden.

Berlin

Berlin

( DKP)

Dank an FAZ, junge Welt und Rotfuchs

Die DKP war mit ihrem linken „Nein zur EU!“ ziemlich allein auf weiter Flur, ihre Plakate stachen aus dem Einerlei heraus. Die Diskussion an Infotischen und bei Aktionen war nicht immer einfach. Schützenhilfe kam unerwartet in der FAZ, wo der Schriftsteller Dietmar Dath freundlich auf die Möglichkeit hinwies, einfach mal Kommunisten zu wählen. Unterstützung bekamen wir von der „jungen Welt“, die uns im O-Ton brachte, und vom Rotfuchs e. V., der unsere Kandidatinnen und Kandidaten einlud. Die SDAJ hatte ihre Vorsitzende und einen jungen Genossen aus Frankfurt auf die Kandidatenliste gesetzt, mit eigenen Materialien – Fuck EU! – zur Wahl der DKP aufgerufen, und oft waren es ihre Mitglieder, die auf Leitern stiegen, um Wahlplakate hochzuziehen.

Vor allem aber war da das Parteiaktiv selbst, das mit etlichen Veranstaltungen, Infotischen, Verteilaktionen und guten Argumenten dem Mainstream getrotzt hat – für den Frieden, gegen Ausbeutung und die Märchen des Kapitals und seiner Parteien. 48 000 EU-Wahlprogramme, 30 000 UZ, 90 000 UZ-Extra und 170 000 DKP-Infos wurden an Mann und Frau gebracht, 23 000 Plakate an die Laternen. Nicht zu vergessen der Wahlspot, zahlreiche Online-Aktivitäten, abgeordnetenwatch und Wahlswyper.

Deutsch-Niederländisches Korps in Münster

Deutsch-Niederländisches Korps in Münster

( DKP)

Brief an Soldaten der Bundeswehr

Neues wurde ausprobiert wie die Lichtin­stallation „EU = Krieg“ an der Fassade des deutsch-niederländischen Korps in Münster, der Speerspitze der NATO-Osterweiterung. Angesichts der Mobilmachung gegen Russland wandten sich Kommunisten erstmals seit den 80ern wieder mit einem Appell „In großer Sorge“ an Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Herausgestellt wurden die vielen aktiven Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auf der Kandidatenliste. Die DKP protestierte vor Kliniken gegen die tödlichen Auswirkungen von Privatisierungen à la EU und beteiligt sich in dieser Woche mit ihren Kandidaten in Düsseldorf an der Demonstration für mehr Personal in Kitas. In mehreren Bundesländern fanden landesweite und überregionale Aktionstage der DKP statt – aufsehenerregend in Torgau, aber auch in Hamburg, Heidenheim, Trier und Darmstadt.

Bei alledem hat die Partei ganz schön geächzt, ist immer noch nicht jünger geworden. Aber sie kann stolz auf diesen Wahlkampf sein – mindestens hat er Menschen zum Nachdenken gebracht, der massiven Propaganda Argumente entgegen gehalten, und er kann durchaus dazu führen, dass sich der eine oder die andere unserem Kampf für Frieden, gegen Ausbeutung und Demokratieabbau anschließt. Der endet nicht am 26. Mai. Er geht weiter zum Beispiel am 5. Juni in Leipzig bei den Protesten gegen die Konferenz der Gesundheitsminister in Leipzig und im Juli bei den Blockadeaktionen des mit US-Atomwaffen bestückten Fliegerhorstes in Büchel. Aber vorher wird angestoßen: Bei der SDAJ auf dem Festival der Jugend.

An dieser Stelle sagen wir Danke an alle Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer, unsere Kandidatinnen und Kandidaten und unsere vielen Unterstützer!

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( DKP)

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"Gegen den Trend", UZ vom 24. Mai 2019



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