„Shaka laka boom boom. Die Befreiung der Krim beginnt. JETZT.“ jubelte der noch bis zum 14. Oktober amtierende Botschafter Kiews in der BRD, Andrej Melnik, bei Twitter über die Explosionen auf der Krim-Brücke. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenski hatte sich zwar nicht zu den Anschlägen bekannt, forderte aber die russischen Soldaten zur Aufgabe auf. Zuvor hatte Selenski eine Eskalation der militärischen Auseinandersetzung mit Russland eingeleitet, als er mit einem Aufruf zu Präventivschlägen auf russische Atomwaffen faktisch den Beginn des Dritten Weltkrieges forderte.
Der russische Präsident Wladimir Putin stufte die Aktion auf der Krim-Brücke als „terroristischen Akt” ein. Am Montag und Dienstag reagierte Russland mit Raketenangriffen auf Militäranlagen und Infrastruktur der Ukraine. Das wiederum führte in einigen NATO-Staaten zu irrationalen Reaktionen. So behauptete die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) am Dienstag bei „dpa”: „Mit Russland unter Putin und seinen Getreuen kann man nicht verhandeln.” Aus Paris war gleichzeitig das Gegenteil zu hören: Die französische Außenministerin Catherine Colonna betonte auf „France Inter”, es sei wichtig, den Dialog mit Moskau aufrechtzuerhalten: „Eine Isolierung wäre die schlechteste politische Option.”
Moskau rückte am Dienstag in Erklärungen seiner höchsten Diplomaten die sich zuspitzende Konfrontation mit den USA und der NATO ins Zentrum, zeigte sich aber erneut gesprächsbereit. So sagte Außenminister Sergej Lawrow im TV-Sender „Rossija-1”: „Ich habe den Eindruck, dass die Amerikaner de facto seit langem in diesen Krieg verwickelt sind.” Er kommentierte damit die Zusage von US-Präsident Joseph Biden in einem Telefonat mit dem ukranischen Präsidenten Wladimir Selenski wenige Stunden zuvor, Kiew weiterhin mit allem zu unterstützen, was es militärisch brauche, einschließlich Luftabwehrsystemen. Lawrow fügte aber hinzu: „Selbst im Westen beginnen sie zu verstehen, dass sie ein wenig weiter gehen, als sie beabsichtigt hatten.” Der Westen sei bereit, alles zu tun, um Russland von der geopolitischen Bühne zu verdrängen. Moskau bleibe aber offen für ein Gesprächsangebot Biden-Putin, zum Beispiel Mitte November beim G20-Gipfel auf der indonesischen Insel Bali.
Zuvor hatte sein Stellvertreter Sergej Rjabkow gegenüber „RIA Nowosti” erklärt, Russland werde aufgrund der zunehmenden Einmischung der USA und der EU in den Konflikt um die Ukraine Gegenmaßnahmen ergreifen müssen, „auch asymmetrischer Natur”. Rjabkow betonte zugleich: „Ein direkter Zusammenstoß mit den USA und der NATO liegt eindeutig nicht in Russlands Interesse. Wir warnen und hoffen, dass Washington und andere westliche Hauptstädte die Gefahr einer unkontrollierten Eskalation erkennen.”
„RIA Nowosti” verlinkte das Interview mit einem redaktionellen Artikel der chinesischen „Global Times” vom Montag. Darin hielt die Zeitung fest: „Die USA sehen die Eskalation des Krieges mit Freude.” Sie wollten aus dem Konflikt umfassende Vorteile ziehen, etwa bei der Abhängigkeit Europas von Energie und Sicherheit. Die Zeitung zitierte den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der am 6. Oktober vor Unternehmern in Paris erklärt hatte: Wenn die USA und Norwegen sein Land mit Energie und Gas versorgten, „kann es nicht so weitergehen, dass wir viermal mehr zahlen als den Preis, zu dem ihr an eure Industrie verkauft … Das ist nicht gerade der Sinn von Freundschaft.”